In gegenseitiger Durchdringung

Hochzeit zweier Gattungen: Die Kunstfilmbiennale in Köln füllt die Schnittstelle zwischen Film und Bildender Kunst

Ein Trailer für ein Fim-Remake, das es nie geben wird: Der Videokünstler Francesco Vezzoli lässt in seinem fünfminütigen Beitrag „Trailer for Gore Vidal‘s Caligula“ für die diesjährige Kunstfilmbiennale in Köln das üppig dekadente Gelage aus „Caligula“ in einer wunderbar überdrehten Porno-Version neu erstehen. „Caligula“, ein bis heute wegen seiner dezidierten Sex-Szenen umstrittener Streifen, erschien 1979 und wurde vom Herren-Magazin Penthouse finanziert. Aus altem Material zusammengesetzt, teils mit neuer Besetzung und Texteinsprengseln, zelebriert Vezzoli nun in opulenten Bildern den keineswegs wehmütigen Abschied vom alten Kino und seinen Versprechen.

Das Augenmerk der zweiten Kunstfilmbiennale liegt auf der gegenseitigen Durchdringung von Bildender Kunst und Film. So werden sowohl Filme von Bildenden Künstlern zu sehen sein, als auch Filme über sie und Spielfilme, die Bildende Kunst zum Gegenstand ihrer Betrachtungen machen. Im Internationalen Wettbewerb der Kölner Kunstfilmbiennale stehen rund 60 Künstlerfilme von namhaften wie auch unbekannten Künstlerinnen und Künstlern auf dem Programm. Laurel Nakadate zum Beispiel hat eine wunderbare Parodie auf vermeintlich erotische Posen und Attitüden gemacht. Eine junge Frau, die Künstlerin selbst, vollzieht in verschiedenen Zimmern eines japanischen Love-Hotels Geschlechtsakte mit einem imaginären Partner– in immer neuer Einkleidung, aber ermüdend gleichgültig.

Ätzender Selbstdarsteller

Neben Spiel- und Autorenfilmen, Experimental- und Kunstkino werden auch einige Welturaufführungen ins Auge stechen: dokumentarische Porträts von Richard Serra, Harald Szeemann (liebevoll beobachtet bei der Einrichtung verschiedener Ausstellungen) oder von Martin Kippenberger, dem provokanten Dortmunder Maler und Installationskünstler. Der Film von Jörg Kobel zeigt den charmanten wie ätzenden Selbstdarsteller Rock ‘n‘ Roll tanzend in seinem Berlin-Kreuzberger Club „SO 36“ und in der Erinnerung weiblicher wie männlicher Wegbegleiter. Über seine Arbeit als Künstler hingegen erfährt man wenig. Wie viele andere personenzentrierte Dokumentationen gerät auch dieser Film leicht in Gefahr, lediglich den Kult um die Person M. K. in stereotypen Bildern des männlichen Künstlers fortzuschreiben.

Zurück aus dem Exil

Der mit 15.000 Euro beschwerte Hauptpreis im Internationalen Wettbewerb wird schließlich am 24. Oktober verliehen. Genau so wie der mit 25.000 Euro hoch dotierten Bild-Kunst-Förderpreis für experimentellen Film, den wichtigsten deutschen Nachwuchspreis, gestiftet von der VG Bild-Kunst sowie der Preis des Verbandes der deutschen Filmkritik. Die gezeigten Filme sind in jeder Hinsicht vielfältig. Interessant: eine Auswahl arabischer und iranischer Künstlerfilme, zusammengestellt von der ehemaligen documenta-Leiterin Catherine David. „About Baghdad“ beispielsweise erzählt von Sinan Antoon, einem Dichter, der im Jahr 2003 aus dem Exil in seine Heimatstadt Bagdad zurückkehrt. Das Resultat kann man sowohl ein Künstlerporträt nennen als auch ein Porträt einer Stadt. Eine komplexe Mischung aus Meinungen, Ansichten und Sehnsüchten.

Daneben flimmert die Filmreihe „Fluxus im Rheinland“, Experimentalfilme aus Südamerika, drei vom Kölner Fotokünstler Jürgen Klauke ausgesuchte Kinofilme, einige frühe Filme der Filmemacherin und Theoretikerin Valie Export und eine Werkschau Jochen Kuhn. Ein Zeichen von Weitsicht, eine derart heterogene Mischung an Filmen anzubieten – heterogen wie wohl auch die Interessen des cineastischen Publikums. KÄTHE BRANDT

20. bis 24. OktoberKöln, verschiedene SpielorteInfos: 0221-2265745www.kunstfilmbiennale.de