Keine Kontrolle über Gen-Soja in Rumänien

Auf bis zu 90 Prozent der gesamten Anbaufläche wird gentechnisch verändertes Soja gepflanzt. Eine Unterscheidung zwischen konventionellen und manipulierten Pflanzen ist unmöglich. Regierung sieht illegalem Treiben tatenlos zu

KÖLN taz ■ Soja ist überall: Es findet sich in Futtertrögen von Kuh und Schwein und ebenso als Öl, Lecithin oder Eiweiß in Lebensmitteln. Der Bedarf ist riesig. Weil in Europa kaum Soja angebaut wird, führt die EU jährlich bis zu 40 Millionen Tonnen ein – überwiegend Chargen aus Argentinien, Brasilien oder den USA, die gentechnisch verändertes Soja enthalten. In Europa hingegen darf kein Landwirt gentechnisch veränderte Sojabohnen ernten – außer in Rumänien. Es sind Pflanzen der US-amerikanischen Unternehmen Monsanto und Pioneer, die auch dann wachsen, wenn Bauern das Herbizid-Round-up Ready spritzen.

„Der Anbau des Gen-Sojas ist aber außer Kontrolle geraten“, sagt Susanne Fromwald von Greenpeace Zentral- und Osteuropa. Kürzlich wies Greenpeace nach, dass diese Pflanzen vielfach illegal wachsen. Nach offiziellen Angaben wird Gen-Soja auf 60.000 Hektar angebaut, in Wirklichkeit sind es aber wohl etwa 90 Prozent der gesamten Sojaanbaufläche von 140.000 Hektar. Es seien überzogene Lizenzforderungen der US-Firmen für ihr patentiertes Saatgut, die rumänische Landwirte in die Illegalität treiben, meint Fromwald. Denn Sojabauern halten Teile der Ernte zurück, um im nächsten Jahr kein neues, teures Saatgut kaufen zu müssen, und melden die neuen Anbauflächen nicht den Behörden.

Das heißt auch, niemand hat den Überblick, wo welches Saatgut eingesetzt wird. Bei der Ernte kann gar nicht zwischen Bohnen, die von konventionellem Saatgut stammen, und Bohnen, die von gentechnisch verändertem Saatgut abstammen, unterschieden werden. Da die rumänische Politik es scheinbar duldet, dass Gesetze übertreten werden, spüren weder Sojabauern noch Hersteller von Sojaprodukten konkrete Folgen. Das wird sich mit dem für 2007 vorgesehenen EU-Beitritt ändern. Es gibt zwei Szenarien: Erlaubt die EU den Anbau dieser Pflanzen bis dahin nicht, dürfen die Bauern sie auch nicht mehr einsetzen, betont Stavros Dimas, Umweltkommissar der Europäischen Kommission. Rumänien bereitet seine Bauern auf diese Möglichkeit allerdings nicht vor. Doch auch wenn die EU den Anbau zulassen sollte, stehen Bauern und Lebensmittelfirmen schwierige Zeiten bevor. „Weil viele Verbraucher in der EU Nein zu Gentechnik sagen, werden sie ihre Waren in der EU nur schwer verkaufen können“. RALPH AHRENS