Ein bisschen Frieden …

Die Zahl der Al-Quds-Marschierer halbierte sich gegenüber dem vergangenen Jahr, dafür waren doppelt so viele Gegendemonstranten da. Das meist gebrauchte Wort war „Frieden“

VON ALKE WIERTH

Nach Geschlechtern getrennt marschierten die knapp 500 Männer und Frauen, die am Samstag an der seit 1996 jährlich in Berlin stattfindenden Al-Quds-Demonstration teilnahmen. Sprechchöre waren kaum zu hören – wie bereits im letzten Jahr war die Demo als Schweigemarsch angemeldet worden. Zugleich gingen etwa 300 Menschen gegen den Al-Quds-Marsch auf die Straße.

Den strengen Auflagen der Polizei gemäß verzichteten die Al-Quds-Demonstranten auf Transparente mit antiisraelischen Parolen: „Frieden und Gerechtigkeit für alle“ forderten sie stattdessen oder sperriger: „Die Etablierung der Demokratie ist die einzige Lösung für Palästina“.

Al-Quds ist der arabische Name für Jerusalem. Der iranische Revolutionsführer Chomeini hatte den Al-Quds-Tag 1979 begründet, als er den letzten Freitag des islamischen Fastenmonats Ramadan zum „Kampftag aller Muslime gegen Israel“ ausrief. An den seither weltweit stattfindenden Demonstrationen beteiligen sich überwiegend schiitische Extremisten.

Die vom iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad zum diesjährigen Al-Quds-Tag erneuerte Drohung, Israel „von der Landkarte zu tilgen“, hatte in der vergangenen Woche international scharfe Proteste ausgelöst. Den Berliner Al-Quds-Demonstranten war von Innensenator Ehrhart Körting (SPD) verboten worden, sich auf Ahmadinedschads Äußerungen zu beziehen.

Mobilisierend hatten diese offenbar nicht gewirkt: Nur halb so viele Teilnehmer wie im vergangenen Jahr kamen zu der Antiisraeldemonstration. Wenige davon waren Berliner. Viele seien in Bussen angereist, hieß es auf der Demo. Neben Deutsch wurde unter den Demonstranten überwiegend Türkisch und Persisch gesprochen.

Ungefähr 100 Frauen, keine ohne Kopftuch, führten den Marsch vom Adenauer- bis zum Kantplatz an. Während in ihrem Block geplaudert wurde, war die Stimmung unter den männlichen Teilnehmern deutlich weniger entspannt.

An der Kreuzung zur Schlüterstraße, wo die vom „Berliner Bündnis gegen den Al-Quds-Tag“ organisierte Protestkundgebung stattfand, kam es zu Rangeleien mit Gegendemonstranten, die über die Absperrungen der Polizei bis zur Kantstraße vorgedrungen waren. Sie trugen israelische Fahnen und skandierten Sprechchöre wie „Lang lebe Israel“ oder auch „Israel ist ein jüdischer Staat, der das Recht auf Atombomben hat“.

Als sie von Teilnehmern der Al-Quds-Demonstration angegriffen wurden, trennte die Polizei die sich wechselseitig als „Nazis“ beschimpfenden Gruppen. Auch von ihrem eigenen Begleitfahrzeug aus wurden die Al-Quds-Demonstranten immer wieder ermahnt sich „nicht provozieren“ zu lassen. Frieden war denn auch das am häufigsten gebrauchte Wort in den Reden der Abschlusskundgebung. Während die Al-Quds-Demonstration um 13.30 Uhr auf dem Kantplatz mit einem Gebet beendet wurde – im Hintergrund warben Gegendemonstranten auf ihren Plakaten für „Sex statt Scharia“ –, tanzte in der Schlüterstraße noch die „Kreuzberger Musikalische Aktion“.

Zuvor hatte dort DGB-Chef Michael Sommer die Äußerungen des iranischen Präsidenten als „Aufruf zum Völkermord“ bezeichnet. Zu der vom „Berliner Bündnis gegen den Al-Quds-Tag“ zum dritten Mal organisierten Gegenkundgebung waren mit 300 Teilnehmern gut doppelt so viele gekommen wie im letzten Jahr, darunter Politiker von SPD, PDS und den Grünen.

Zu den Unterstützern des Bündnisses gehören unter anderem das Europäische Zentrum für kurdische Studien, die Deutsch-Israelische Gesellschaft, der Verein iranischer Flüchtlinge und die Türkische Gemeinde Deutschland.