Bombe legt Lichtenberg lahm

Nach der Bombenentschärfung in Lichtenberg kehren die letzten der 10.000 Anwohner in ihre Wohnungen zurück. Es bleibt die Frage, warum die Evakuierung so spät begann

Eine amerikanische 250-Kilo-Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg hat in der Nacht zum Dienstag eine der größten Evakuierungen in der jüngsten Berliner Geschichte ausgelöst.

Etwa 10.000 Menschen mussten ihre Wohnungen in der Nähe des Tierparks in Lichtenberg bis in die frühen Morgenstunden verlassen, nachdem ein Blindgänger am Montagnachmittag bei Bauarbeiten in der Alfred-Kowalke-Straße freigelegt wurde. Erst gegen 1 Uhr morgens konnten die Bewohner in ihre Wohnungen zurückkehren, nachdem der Sprengkörper eine Stunde zuvor erfolgreich entschärft wurde. Für etwa 900 Anwohner und 200 Bewohner eines Seniorenheimes kehrte die Normalität allerdings erst im Laufe des Dienstags zurück. Sie verbrachten die Nacht in Hotels und Turnhallen, die Senioren wurde in andere Heime verlegt.

Von einem erfolgreichen Einsatz sprachen Polizei und Lichtenberger Katastrophenstab, gleichzeitig wurde aber Kritik am Einsatzverlauf laut. „Wir wurden erst um 18.30 Uhr informiert, viereinhalb Stunden nachdem die Bombe gefunden wurde“, bemängelte der Leiter des Lichtenberger Katastrophenschutzstabes, Ernst-Ulrich Reich. Es müsse geklärt werden, warum wichtige Stunden für die Evakuierung durch diese späte Information verloren gegangen seien. Antworten soll eine Auswertung des Großeinsatzes Ende der Woche bringen.

Schwierig am Einsatz der rund 400 Polizisten, Feuerwehrleute und Helfer vom Deutschen Roten Kreuz war insbesondere die Räumung des Pflegeheimes. Die 200 Heimbewohner mussten teils auf Tragen und in Rollstühlen in andere Unterkünfte gebracht werden. Dadurch habe sich der Beginn der Entschärfung deutlich verzögert, sagte Reich.

Das Ausmaß der Evakuierung war in erster Linie auf die dichte Besiedlung um die Fundstelle zurückzuführen. Bis zu elf Stockwerke hohe Plattenbauten befanden sich im 500-Meter-Umkreis der Fundstelle. „Die Zahl der Menschen, die ihre Wohnungen verlassen mussten, strapazierte unsere bisherigen Planungen für einen Notfall bis zum Äußersten“, sagte Reich. Die Unterbringung von Bedürftigen habe dennoch hervorragend geklappt.

Außer für die Anwohner blieb der Bombenfund auch für die Besucher des Tierparks nicht ohne Folgen. Sie mussten das Gelände vorzeitig verlassen. Die BVG stellte den Betrieb von einer Bus- und zwei Straßenbahnlinien vorübergehend ein.KORBINIAN FRENZEL