„Hassen wäre zu viel gesagt“

Den ehemaligen Polizeipräsidenten Klaus Hübner verbindet mit dem Berlin-Teil eine ganz spezielle Geschichte. Die guten Recherchen weiß der 81-jährige Pensionär indes bis heute zu schätzen.

INTERVIEW PLUTONIA PLARRE

taz: Herr Hübner, sind Sie immer noch so ein schlechter Verlierer?

Klaus Hübner: Ich habe mich nie als schlechten Verlierer empfunden. Das müssen Sie begründen.

Sie haben in den 80er-Jahren als Polizeipräsident verhindert, dass die taz an Ihren Hintergrundgesprächen teilnimmt. Als sich die taz eingeklagt hat, haben sie die Runden einfach abgeschafft.

Das waren keine Pressekonferenzen. Das war ein Treffen mit wenigen Zeitungen und Sendern. Wir haben Kaffeerunden dazu gesagt. Sie waren dazu gedacht, dass sich Polizei und Pressevertreter mal aussprechen können.

Die taz hätte in der Kungelrunde gestört?

Richtig. In dieser Runde wurden ja sehr viele Dinge unter Eins, Zwei und Drei besprochen.

Das muss man erklären: Eins heißt, die Information kann öffentlich werden. Zwei, der Jounalist darf die Information verwerten, seine Quelle aber nicht nennen. Drei, die Information ist absolut vertraulich.

Genau das war der Punkt. Die taz war nicht bereit, gewisse Dinge vertraulich zu behandeln. Das war ja auch in der Persönlichkeit der Redakteure begründet, die im Geist der außerparlamentarischen Opposition agierten.

Haben Sie die taz gehasst?

Hassen wäre zu viel gesagt. Wer mich als Funktionär einer Schweinegesellschaft bezeichnet, kann aber nicht erwarten, dass ich ihm mit reiner Liebe begegne. Wir wurden damals ja ständig als Schweine bezeichnet. Das machte keinen Spaß. Die taz unterschied sich insofern wenig von Medien wie der radikal, die damals illegal erschienen sind.

Sie haben die taz mit radikal über einen Kamm gebürstet?

Durchaus. Die taz war das Sprachrohr der Hausbesetzerbewegung. Sie hat denjenigen den Stoff geliefert, die sich gerechtfertigt fühlten, Gewalt anzuwenden. Es hat eine persönliche Durchwirkung von taz-Redakteuren mit den Leuten gegeben, die uns als Schweinegesellschaft an den Pranger gestellt haben.

War das Ihre einzige Meinung von der Redaktion?

Ich will Ihnen mal was sagen: Wir waren in meiner Behörde übereinstimmend der Meinung, die besten Recherchen macht die taz. Die einwandfreiesten und zutreffendsten Recherchen. Nur über die Schlussfolgerung kamen wir nicht hinweg: Dass die Polizei das Schlaginstrument der Schweinegesellschaft ist.

Und dann hat die taz vor Gericht noch erstritten, dass Polizisten in Texten als Bullen bezeichnet werden dürfen.

Das hat mich sehr geärgert. Der Begriff Bulle ist eine Versachlichung. Damit wird Gewalt gegen Polizisten legitimiert. Ich halte das für sehr gefährlich. Deshalb habe ich mich auch geweigert, den „Bullenorden“ anzunehmen, den mir eine Polizeigewerkschaft verleihen wollte.

Was ist eigentlich an die Stelle der Kungelrunden getreten?

Seither gibt es normale Pressekonferenzen, auf denen keine Vertraulichkeiten mehr weitergegeben werden. Dafür haben die Journalisten andere Wege in die Behörde gefunden. Das ist für einen Polizeipräsidenten auch nicht gerade angenehm.

Spielt die taz bei ihrer heutigen Lektüre noch eine Rolle?

Ich kaufe mir jeden Tag zwei Zeitungen am Kiosk. Je nachdem, was gerade los ist, auch die taz. Ich wünsche der taz, dass sie nie den Pfad verlässt, so gründlich zu recherchieren und dass sie genügend Leser behält.

Die taz residiert demnächst in der Rudi-Dutschke-Straße.

Der heute in Legende gekleidete Dutschke hat dazu aufgerufen, die Polizei zu provozieren: Ihr müsst die Polizei kitzeln, dass sie Gewalt anwendet und damit zeigt, dass sie der verlängerte Arm des Staates ist, der euch vernichten will. Deshalb finde ich die Umbennung nicht so dolle.

Klaus Hübner (81) war von 1969 bis 1987 Polizeipräsident von Berlin.