DIE SCHWARZ-ROTE FÖDERALISMUSREFORM DARF NICHT IN KRAFT TRETEN
: Problem erkannt – und verschärft

Die Föderalismusreform scheint in trockenen Tüchern. Bund und Länder haben ihre Kompetenzen neu ausbalanciert. Nun soll der Bundestag bald wieder ungestört Gesetze machen dürfen, und die Landtage haben mehr exklusive Aufgaben. Diese Neuabstimmung wurde lange als wichtige Staatsaktion gehandelt, Politologen füllten ganze Regale voller Literatur zur – so der Fachterminus – „Politikverflechtung“. Es gab also genügend sinnvolle Vorschläge, wie der deutsche Bundesstaat zukunftsfähig gemacht werden könnte. Und nun gibt es einen neuen Bauplan für das föderale Gebäude, doch das Zukunftsproblem scheint größer als zuvor.

Gut, die Zahl der zustimmungspflichtigen Gesetze soll drastisch sinken. Der Bundesrat hätte damit keine Vetomacht mehr gegen 60 Prozent der Bundesgesetze. Nur: Zu welchem Preis hat man diese Art der Entflechtung erkauft? Praktisch alle Bildungskompetenzen, egal ob in Schule oder Hochschule, sind nun ganz und gar in die Zuständigkeit der Länder gewandert. Das ist ein schlechter Witz! Den Ländern fehlt das Geld und, mit Verlaub, der Grips, um vernünftig mit dem Thema umzugehen. Das haben sie in der Vergangenheit nachdrücklich bewiesen. Der finanzielle und intellektuelle Zustand der ländergeführten Bildung ist erbärmlich – das beginnt bei tropfenden Dächern und endet beim systematischen Verstärken vorgefundener sozialer Ungleichheit. Der teure Rohstoff Bildung ist viel zu wichtig für Gesellschaft und Wirtschaft, als dass ihn die Bundesländer vergeuden dürften.

Der Bund braucht ein Minimum an Bildungskompetenzen. Wer diese triviale Aussage missachtet, provoziert jene grotesken Situationen, die der Republik bald bevorstehen: Für Schüler, Studierende und Professoren etwa werden die Landesgrenzen wieder zu hohen Hürden. Oder: Deutschland will seine Wissensausgaben um viele Milliarden Euro steigern – hat aber, dank der famosen Einigung, im Bund künftig weder den Akteur noch die Instrumente dafür. Weil die Irrationalität der Föderalismusreform so offensichtlich ist, kann es nur einen Schluss geben: Es muss alles getan werden, damit sie nicht in Kraft tritt. CHRISTIAN FÜLLER