Polizei lässt Rechtsrock laufen

Trotz gekündigten Mietvertrags und Band-Verbots ließen Beamte Neonazi-Konzert im früheren C&A-Haus in St. Pauli zu. Clubbetreiber im Nobistor streben Klage an

Die Rechtslage am Samstagabend war klar gewesen. „Wegen Vertragsbruchs habe ich den Mietvertrag sofort gekündigt“, berichtete Nicola Tyszkiewicz gestern. Doch trotz ihres Drängens habe die Polizei nichts unternommen, um das Neonazi-Konzert in den Räumen des ehemaligen C&A-Gebäudes im Stadtteil St. Pauli zu beenden. Für die Vermieterin der Räume zwischen den Clubs „Weltbühne“ und „Echochamber“ ein „unglaublicher“ Vorgang. Polizeisprecher Andreas Schöpflin erklärte auf Nachfrage der taz, die Beamten vor Ort hätten nicht eingegriffen, da es eine „private Geburtstagsfeier“ gewesen sei.

So „privat“, dass laut Polizei der braune Konzertmanager Torben Klebe die „Party“ gleich bei den Versammlungsbehörden angekündigt hatte. Allein Ort und Uhrzeit gab der Kader des verbotenen Neonazi-Netzwerks „Blood & Honour“ nicht an. Der Mietvertrag für die Räume sei aber nur durch Vorspiegelung falscher Tatsachen zustande gekommen, so Tyszkiewicz: Ihr habe Klebe erklärt, er wolle seinen 30. Geburtstag nachfeiern.

Abends stellte sich jedoch heraus, dass es keine Privatparty war. Der Vermieterin zufolge wurde Eintritt genommen und Geld für die Getränke. 17 Euro mussten die Fans zahlen, um die deutschen Nazi-Bands „Noie Werte“, „Words of Anger“ und die italienischen Rechtsrocker „Amarco“ zu hören. Bands aber, so Tyszkiewicz, „dürfen in den Räumen gar nicht spielen“. Dies habe sie auch der Polizei erklärt und gefordert, die Nazis „rauszuschmeißen“.

Wie berichtet hatten sich am Samstagabend rund 450 Demonstranten vor dem ehemaligen Kaufhaus im Nobistor versammelt. Es kam zu Auseinandersetzungen mit der Polizei, als die Neonazis mit Bussen nach dem regulären Ende des Konzerts von den Beamten weggebracht werden sollten.

In Lübeck war die Polizei am 9. Juli dieses Jahres hingegen eingeschritten, als im städtischen Jugendzentrum „Haus für Alle“ die Neonazis Christian Worch und Klebe ein Konzert ausrichten wollten, der Mietvertrag wegen Täuschung aber kurzfristig gekündigt worden war: Die Beamten lösten des Treffen auf.

Auch in Hamburg, so meinen die Betreiber der im Gebäude ansässigen Clubs, hätte die Polizei sofort handeln können. „Bevor die Antifa da war, war doch schon die Polizei vor Ort“, beobachtete Wolf von Weidenfels vom „KdW“. Mehr als 300 Rechte feierten bis 1 Uhr morgens. Rechtsrock schallte auf die Straße und „Heil-Hitler“-Rufe.

Dagegen ließ die Polizei Besucher zu anderen Musikveranstaltungen nicht durch: Der Clubmacher der „Weltbühne“, Alvaro Pina, berichtete: „Die Nazis feierten, während unsere Gäste von der Polizei weggeschickt wurden.“ Nun streben die Clubbetreiber eine Klage auf Schadensersatz an. Andreas Speit