Undankbare Gewinner

Die kommende Koalition plant eine so genannte rechtsformunabhängige Besteuerung. Sie möchte bei den Abgaben vor allem kleine Unternehmen entlasten. Die sind davon aber gar nicht begeistert

BERLIN taz ■ Eine große Unternehmenssteuerreform soll her, spätestens im Jahr 2008. Da sind sich die künftigen Regierungspartner aus Union und Sozialdemokratie weitgehend einig. Allerdings favorisieren sie bisher ein anderes Modell als der Sachverständigenrat: SPD und Union wollen die so genannte rechtsformunabhängige Besteuerung einführen.

Bisher ist die Welt der Unternehmen streng geschieden: Da gibt es zunächst einmal die GmbHs und die Aktiengesellschaften, die eine Körperschaftsteuer von derzeit 25 Prozent plus Gewerbesteuer zahlen. Und dann sind da auf der anderen Seite die vielen, vielen Personengesellschaften, die ganz regulär der progressiven Einkommensteuer unterliegen. Deren Spitzensatz kann bis zu 42 Prozent betragen. Zu diesem Kreis gehören etwa Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) oder Kommanditgesellschaften (KG). Immerhin sind vier Fünftel aller deutschen Unternehmen als Personengesellschaften organisiert, schätzt beispielsweise die Deutsche Bank.

„Wir wollen unbedingt da ran in dieser Koalition“, sagte der scheidende SPD-Parteivorsitzende Franz Müntefering in der vergangenen Woche. Auch die Grünen sind dafür: „Das geht in die richtige Richtung“, meint deren Wirtschaftsexperte Gerhard Schick. Doch die erwarteten Auswirkungen würden überschätzt. „Gemeint ist in Wirklichkeit vor allem eine Angleichung der Steuersätze nach unten.“

Ein entsprechendes Konzept hat bereits die Stiftung Marktwirtschaft im September vorgelegt. In der Stiftung sind etwa 70 Steuerexperten vereinigt. Alle Unternehmen sollen demnach künftig 25 oder höchstens 30 Prozent Steuern auf ihren Gewinn zahlen, inklusive der kommunalen Abgaben. Das liefe auf eine drastische Steuersenkung hinaus. Derzeit haben Kapitalgesellschaften immer noch 25 Prozent und zusätzlich noch die Gewerbesteuer an ihrem jeweiligen Standort zu zahlen – macht insgesamt gut 38 Prozent.

Doch gerade die vermeintlichen Profiteure – die Kleinunternehmen – sind nicht unbedingt von der Steuerreform überzeugt. Denn für sie hat es durchaus Vorteile, der Einkommensteuer zu unterliegen. So können sie ihren Steuersatz etwa senken, indem sie persönliche Freibeträge geltend machen oder Verluste aus ihrer unternehmerischen Tätigkeit mit ihren Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit verrechnen.

Trotzdem tragen Personengesellschaften mit durchschnittlich 13,1 Prozent eine höhere reale Steuerbelastung als große Kapitalgesellschaften mit 11,4 Prozent, wie der Wiesbadener Wirtschaftsprofessor Lorenz Jarass ausgerechnet hat.

„Das Problem ist nicht die Rechtsform“, erklärt der Geschäftsführer eines kleinen Biotech-Unternehmens, der nicht genannt werden möchte. „Das Problem ist, dass wir anders als die multinationalen Konzerne nicht unsere Gewinne ins Ausland verschieben und so Steuern vermeiden können.“ Viel wichtiger als eine rechtsformneutrale Besteuerung wäre daher eine europaweite Mindeststeuer, damit die Gewinnverschiebung uninteressant würde.

NICOLA LIEBERT