„Auch ein schönes Paar streitet sich“

Die Grüne Bärbel Höhn ist neue Chefin des Verbraucherausschusses – aber Gegenspielerin von CSU-Minister Horst Seehofer will sie nicht werden. Lieber ist sie „neutrale Anwältin der Verbraucher“. Die Grünen haben ihre Posten weitgehend verteilt

AUS BERLIN HANNA GERSMANN
UND ULRIKE WINKELMANN

Als Erstes will sie ihr Fahrrad nach Berlin holen. Bärbel Höhn, grüne Bundestagsabgeordnete und ehemals Umweltministerin in Nordrhein-Westfalen, plant ihre Zukunft. Künftig leitet sie den Verbraucherausschuss im Bundestag und wird dort weniger Aufmerksamkeit bekommen als zuvor. Damit hat sie sich abgefunden: „Wir in NRW hatten ja ein paar Tage mehr Zeit als die Bundeskollegen“ – für den Abschied von der Regierung.

Kaum stand die Personalie „Verbraucherausschuss“ fest, wurde Höhn von ihren Fraktionschefs Fritz Kuhn und Renate Künast zur „Gegenspielerin von Horst Seehofer“ ausgerufen, dem neuen Verbraucher- und Agrarminister von der CSU.

Geht gar nicht, sagt Höhn. Denn eine Vorsitzende soll erstens den Ausschuss zusammenhalten, in dem alle Parteien sitzen. Und zweitens muss sie mit dem Minister für „Kartoffeln und Rüben“ (O-Ton-Seehofer) zusammenarbeiten. Höhn wählt daher die Rolle der „neutralen Anwältin der Verbraucher“ und hofft, mit populären Kundenthemen – verdorbenes Fleisch geht viele an – für die Grünen zu punkten. Der christsoziale Bayer Seehofer „schreckt mich nicht“, sagt sie: Auch „ein schönes Paar kann sich ordentlich streiten“.

Abwarten. Als Erstes hat Seehofer schon angekündigt, er werde das Tabakwerbeverbot seiner Vorgängerin Renate Künast zurückholen, das Höhn natürlich verteidigen müssen wird. Früher hat Höhn als Landesministerin mehr erreicht als Künast auf Bundesebene: Letztere scheiterte etwa mit einem Verbraucherinformationsgesetz. Die Union verhinderte, dass Lebensmittelkontrolleure bei schmutzigen Geschäften Ross und Reiter nennen. Höhn aber hatte längst ein Ländergesetz gestrickt. Auf der Webseite ihres Ministeriums veröffentlichte sie fortan alle Imbissbuden an Rhein, Lippe und Ruhr, bei denen die Fritten zu viel krebsverdächtiges Acrylamid enthielten.

Diesen „Druck auf Produzenten und Händler“ will sie nun auch bundesweit erzeugen. „Intelligent strafen“ heißt das Ziel: So wie beim Kneipier in Kalifornien, der auffiel, weil er allen Gästen zu wenig Bier ins Glas geschüttet habe. „Er wurde dazu verurteilt, ein Wochenende lang Freibier auszugeben.“ Lieblingsthema allerdings der stolzen Besitzerin einer privaten Holzpelletheizung ist die Energiepolitik: Gaspreise stehen oben auf der Tagesordnung.

Bei der großen Ausschussverteilung im Bundestag haben sich die Grünen in dieser Woche nicht nur den Verbraucher-, sondern auch den Entwicklungsausschuss gegriffen. Ihn leitet voraussichtlich der bisherige entwicklungspolitische Sprecher Thilo Hoppe. Auf den Umweltausschuss verzichtete die Fraktion recht leichtherzig – in der Vermutung, die Grünen würden zu Ökothemen ohnehin gefragt.

Nachdem die Ausschussvorsitze feststanden, konnten die Grünen intern dann auch ihre eigenen Fraktionsposten verteilen. Am begehrtesten sind die Arbeitskreisvorsitze: Sie sind mit dem Vizefraktionsvorsitz verbunden. Hier haben sich nun Thea Dückert als Chefin des Arbeitskreises Wirtschaft und Arbeit, Reinhard Loske als Chef des Arbeitskreises Umwelt und Christian Ströbele als Chef des Arbeitskreises Innen und Recht den Job erhalten können. Der Exumweltminister Jürgen Trittin übernimmt den Außenausschuss von Winfried Nachtwei. Und für die Exfraktionschefin Krista Sager wurde der Arbeitskreis Bildung geschaffen.

Übrig bleiben jetzt noch die „Sprecher“-Posten, mit denen sich Abgeordnete ein Themenprofil erarbeiten können. Darum wird sich die 51-köpfige Fraktion am 23. November streiten.