Der inhaftierte Holocaust-Leugner

Jahrelang war es ruhig um ihn. Immer weniger Leute wollten seine absurden rechtsextremen Vorträge hören. Nun ist der selbst ernannte britische Historiker David Irving in Österreich festgenommen worden. Er wollte am Stiftungsfest der Wiener Burschenschaft Olympia teilnehmen.

Irving wurde bereits am 11. November in der Steiermark verhaftet, wie erst gestern bekannt wurde. Ein Haftbefehl gegen ihn besteht seit 1989, denn das Leugnen des Holocaust ist in Österreich strafbar. Irving bestreitet nicht, dass die Nazis Juden umgebracht haben, aber er bestreitet die Zahl und die Methoden. Es sei kein systematischer Völkermord gewesen, sondern man habe die Juden, ausgerüstet mit genügend Reiseproviant, in Arbeitslager gen Osten geschickt. Dort brach „das System zusammen, und die Mörder kamen zum Zuge“.

Irving, der 1938 im englischen Essex geboren wurde, war nicht immer so. Er studierte Physik am Imperial College London, das er aber frühzeitig verließ. Er ging in die Bundesrepublik, wo er bei Thyssen arbeitete und Deutsch lernte. 1963 erschien sein erstes Buch über die alliierte Flächenbombardierung Deutschlands. Er galt zunächst als ernst zu nehmender, wenn auch kontroverser Historiker. Dann, bei einem Prozess in Kanada, wo er als Zeuge auftrat, hörte er von einem Gutachten, in dem behauptet wurde, dass die gemessene Zyklon-B-Konzentration in den Überresten der Auschwitz-Gaskammern weitaus niedriger sei als in den Entlausungskammern. Zwar stand in dem Gutachten auch, dass für die Vergasung von Läusen die siebenfache Dosis der für Menschen erforderlich sei, doch dem schenkte Irving keine Beachtung mehr.

Als „Holocaust-Leugner“ wollte er dennoch nicht gelten. Im Jahr 2000 verklagte er die US-Historikerin Deborah Lipstadt, die ihn in ihrem Buch als solchen bezeichnet hatte. In dem Verleumdungsprozess in London redete sich Irving um Kopf und Kragen. Er nannte das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau ein „Disneyland für Touristen“: Die Polen hätten die Gaskammern erst 1948 als Attraktion gebaut. Irving verlor den Prozess, und weil er die Gerichtskosten nicht zahlen konnte, verlor er auch sein Haus.

Je größer das öffentliche Desinteresse an ihm wurde, desto mehr suchte Irving den Kontakt zur rechtsradikalen Szene in Deutschland und anderen Ländern und zum Ku Klux Klan in den USA. Viele Länder verhängten ein Einreiseverbot gegen ihn, darunter Deutschland, Italien, die USA, Kanada, Neuseeland – und eben Österreich. Dass er dieses Einreiseverbot ignoriert hat, könnte ihm, wenn er Pech hat, bis zu 20 Jahre Haft einbringen.

RALF SOTSCHECK