Pack schlägt sich und verträgt sich

Die Prügelei zweier Polizisten aus Berlin und Niedersachsen beim Castor-Transport in Gorleben wird nach einem Gespräch der Beteiligten beigelegt. Das kritisiert die Bäuerliche Notgemeinschaft

VON PLUTONIA PLARRE

Zwei Polizisten schlagen sich bei einer Straßenblockade am Rande des Castor-Transports in Gorleben gegenseitig die Faust ins Gesicht. Der eine – er trägt Helm und Uniform – gehört zu einer Berliner Einsatzhundertschaft. Der andere ist Angehöriger eines niedersächsischen Antikonfliktteams und nur an einer orangefarbenen Weste als Polizist zu erkennen. Erst Demonstranten gelingt es, die Streithähne zu trennen. Das Ganze endet damit, dass jeder der Beamten versucht, den anderen wegen Körperverletzung im Amt festzunehmen.

Das war vor zwei Wochen. „Friendly Fire auch im Wendland“, hatte die taz in ihrer Regionalausgabe Nord getitelt. Gestern beschäftigte sich der Innenausschuss des Abgeordnetenhauses mit dem Fall. Wie Polizeipräsident Dieter Glietsch mitteilte, haben sich die beiden beteiligten Beamten vor wenigen Tagen in Hannover auf Dienstkosten zu einem klärenden Gespräch unter vier Augen getroffen. Danach hätten beide eingeräumt, Fehler gemacht zu haben. Der Fall sei es „nicht wert, ein riesiges Ermittlungsverfahren daraus zu machen“, so Glietsch.

Das wird auch in Niedersachsen so gesehen. Man habe kein Interesse daran, das „Thema hochzufahren“, sagte der Sprecher der Polizei Lüneburg, Torsten Oestmann, gestern zur taz. Entscheidend sei, dass die „menschliche Ebene“ geklärt sei. Die Staatsanwaltschaft Lüneburg sei von dem Gespräch der Beamten in Form eines schriftlichen Berichtes informiert worden. Experten deuten das so, dass das gegen die Beamten anhängige Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung im Amt alsbald eingestellt werden dürfte.

Susanne Kamien von der Bäuerlichen Notgemeinschaft aus Lüchow war unmittelbare Augenzeugin des Vorfalls, der sich am 21. November in der Nähe des Dorfes Grippel ereignet hatte. Rund 200 Demonstranten waren dort. Einige davon hatten sich an einen Traktor mit Betonklötzen angekettet. Die 24. Berliner Einsatzhundertschaft sollte die Strecke räumen. Ein niedersächsischer Konfliktmanager habe die Berliner auf die Gefahr hingewiesen, dass Menschen erdrückt werden könnten, so Kamien. „Daraufhin schlug ihm einer der Berliner die Faust ins Gesicht.“ Der an seiner orangefarbenen Weste als Konfliktmanager zu erkennende Beamte habe den Schläger an der Jacke zu packen versucht und dessen Dienstnummer verlangt. Mit den Worten „fass meinen Kollegen nicht an“ habe sich nun ein anderer Berliner Uniformierter eingemischt und dem Konfliktmanager gleichfalls die Faust ins Gesicht gedrückt.

Polizeipräsident Glietsch sagte, ihm sei über den Ablauf anderes zu Ohren gekommen. Ein Berliner Uniformierter habe von einer Person aus der zweiten Reihe der Demonstranten einen Schlag gegen den Helm verpasst bekommen. „Er fühlte sich angegriffen und reagierte mit einem Faustschlag.“ Daraufhin habe er einen zweiten Schlag erhalten, wisse aber auch nicht von wem. Dass er einen Konfliktmanager vor sich hatte, habe der Beamte nicht erkannt.

Susanne Kamien kritisiert die Entscheidung nach dem Motto: Schwamm drüber. „Seit Jahr und Tag fällt die Berliner Polizei bei den Blockadeaktionen gegen die Castor-Transporte unangenehm auf“, sagt sie. Diesen Vorwurf möchte sie aber insbesondere an das niedersächsische Innenministerium gerichtet wissen. Denn dieses würde die Berliner Einheiten bewusst für Einsätze an den schwierigsten Stellen „missbrauchen“.