Wowereit hält den Ball flach

Die Straße des 17. Juni wird WM-Fanmeile. Damit setzen sich die Sponsoren gegen den Senat durch. Doch der Regierende hat wohl Trainerstunden genommen: Er spielt die Heimniederlage herunter

VON MATTHIAS LOHRE

Klaus Wowereits Gesichtszüge wirkten etwas müde, aber nicht bedrückt. Und das, obwohl der Regierende Bürgermeister gestern öffentlich eine Niederlage eingestehen musste. Die so genannte Fanmeile anlässlich der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 wird entlang der Straße des 17. Juni verlaufen, vom Brandenburger Tor bis kurz vor der Siegessäule. „Ich“, sagte Klaus Wowereit betont beiläufig, „hatte persönlich den Standort am Spreebogen präferiert“. Doch Sponsoren und der Weltfußballverband Fifa haben sich durchgesetzt.

Die vier Hauptsponsoren der WM 2006 haben ordentlich Druck gemacht, weil sie ihre Stände und Großbildschirme gefälligst auf das prestigeträchtige Gelände westlich des Brandenburger Tors stellen wollten. In der Sprache des Regierenden klingt das so: „Wir haben von vielen Seiten erhebliche Bedenken zur Kenntnis nehmen müssen.“ Die waren offenbar so erheblich, dass die „solide finanzielle Grundlage“ des ganzen Festes „relativ unsicher“ war. Anders gesagt: Auf dem neu errichteten Spreebogen, nahe dem Bundeskanzleramt und am Wasser gebaut, mochten die „Top-Partner“ Coca-Cola, Hyundai, Toshiba und MasterCard sowie der „Partner des Fifa-Fan-Fests“ Philips nicht werben. Sie haben sich jetzt durchgesetzt. Andererseits muss die öffentliche Hand laut Wowereit keine Zuschüsse für das Freiluftfest locker machen.

Über Monate hatten sich nicht nur die Konzerne, sondern auch Fifa-Vertreter, Polizei, Bezirksamt Mitte und mehrere Parteien gegen die Nutzung des Geländes ausgesprochen. Zu klein, zu abgelegen, zu wenige Fluchtmöglichkeiten und kaum bekannt – das waren ihre Begründungen. Nun ist der Weg frei für das Dauerfest auf der Prachtstraße. Am 7. Juni 2006, dem Tag der WM-Eröffnungsgala im Olympia-Stadion, soll es beginnen und bis zum Endspiel am 9. Juli dauern. Die Fifa rechnet mit bis zu 90.000 BesucherInnen pro Tag, der Regierende Bürgermeister sogar mit „weit über 100.000 Menschen“ an Spieltagen der deutschen Elf. Das Spreebogen-Gelände, hatte die Polizei vorgerechnet, könnten hingegen höchstens 25.000 Fans bevölkern.

Die Lieblingsworte Wowereits waren gestern „Screen“ und „Public Viewing“. Ersteres bezeichnet Großleinwände entlang der Straße des 17. Juni, auf denen die Fußballspiele übertragen werden sollen. Zweiteres („Public Viewing“) ist der Job der erwarteten Menschenmengen, nämlich auf diese Großleinwände zu gucken. Der größte „Screen“ wird nach Wowereits Angaben auf der Westseite des Brandenburger Tors stehen: „Das wird sicher der größte Fernseher der Welt sein.“

Obwohl der Autoverkehr auf dem Großen Stern rund um die Siegessäule weiter fließen soll, seien „ganz wesentliche Behinderungen zu erwarten“. Doch das für Berlin einmalige Ereignis sei solche Einschränkungen wert. An die Folgen für den angrenzenden Tiergarten haben die Verantwortlichen bislang offenbar wenig gedacht. Ob auch Geld für die Wiederherstellung des malträtierten Parks eingeplant sei, konnte Wowereit gestern nicht beantworten. Senatssprecher Michael Donnermeyer verwies eilig darauf, man sei „in Verhandlungen mit dem technischen Veranstalter“. Allein die Instandsetzung des kleineren Spreebogen-Geländes hätte laut Grünen-Fraktion „mehrere Millionen Euro“ gekostet.

Von einem „zu erhoffenden Ende des monatelangen Eiertanzes“ sprach CDU-Landeschef Ingo Schmitt. Unisono forderten Union und Grüne Eile bei der Berliner WM-Planung.