Asiatische Traumbilder

Splatterfilme, Kurzfilme, ganz große Sozialkritik: Heute startet das Kölner Filmfestival „Cineasia“, die große Schau des asiatischen Films. Aus dieser Bilderflut wird man so schnell nicht hinaus finden

VON CLAUDIA SIEFEN

Mit den Augen des Film-Freaks betrachtet ist der Dezember in Köln ein wahres Füllhorn an cineastischen Entdeckungsmöglichkeiten. Da ist beispielsweise das Island-Festival oder das Kurzfilmfestival. Und ab heute auch noch: das Cineasia-Festival, die große Schau des asiatischen Films. Zum fünften Mal bereits veranstalten die Macher des gleichnamigen Film-Magazins das Fest – und haben diesmal wohl selbst einiges entdeckt.

Im Gegensatz zu den vergangenen Jahren, in denen Filme aus Hongkong dominierten, ist nun erstmals auch der thailändische Film mit großen Namen vertreten. Außerdem ist die Genreverteilung breiter angelegt. Soll heißen: Von den in speziellen Kreisen viel geliebten Splatterfilmen über Kurzfilme bis hin zur ganz großen Sozialkritik. Der asiatische Film ist endgültig aus der „special interest“-Nische raus. Die Geschichten und Bilder, die bei Cineasia auf die Netzhaut treffen, trägt man schon lange in sich und ebenso lange wünschte man sich nichts mehr als deren Sichtbarkeit. Dass die Erfüllung dieses Wunsches nun ausgerechnet aus Asien anrückt, lässt einen die oft zitierten kulturellen Differenzen zwischen Ost und West noch mal überdenken.

Cineasia stellt vor allem die Arbeiten von großen Regisseuren in den Mittelpunkt. Da ist etwa das neueste Werk des Japaners Takashi Miike. Auf den großen internationalen Festivals ist der Regie-Superstar eher mit haarsträubenden, irrwitzig brutalen Filmen vertreten, in denen er sich immer wieder um sein großes Thema bewegt: die Darstellung von innerster Urgewalt und menschlichen Trieben zu analysieren und vor allem zu lokalisieren. In Köln läuft jetzt „The Great Yokai War“, tatsächlich ein hingebungsvoller Kinderfilm, in dem Miike einen kleinen jungen in die japanische Fabelwelt transportiert, wo der Kleine nicht weniger zu tun hat, als mal eben die Welt zu retten.

Nicht minder international anerkannt ist der Regisseur Shinji Aoyama mit „Lakeside Murder Case“, in dem sich der 41-jährige Japaner auf das Kühlste in Ausstattung und Inszenierung mit dem japanischen Schulsystem auseinander setzt: Mehrere Elternpaare konkurrieren miteinander um die Aufnahme ihrer Kinder an einer Eliteschule und lassen sich auch von einer plötzlich auftauchenden Leiche nicht davon abhalten, ihren Kindern die bestmögliche Schulausbildung zukommen zu lassen.

Der aus Thailand stammende 35-jährige Regisseur Apichatpong Weerasethakul zeigt seinen Kurzfilm „Worldly Desires“. Seinen Spielfilm „Tropical Malady“ wurde unlängst vom Filmfestival in Cannes mit dem Preis der Jury ausgezeichnet und greift in der Thematik seinem Kurzfilm vor. Auch hier spielt die Heimat Apichatpongs eine große Rolle. Der Dschungel ist wieder einmal der Mittelpunkt in dieser Liebesgeschichte. Der Bezug zur Zeit wird aufgehoben, Urinstinkte müssen freigesetzt werden. Hier positioniert Apichatpong die wahre Unmöglichkeit der Liebe.

Nach diesem verlangsamten Bilderrausch kommt der herrlichste Kontrast überhaupt. Ebenfalls aus Thailand stammt die bildtechnisch überbordende Liebesgeschichte „Citizen Dog“, einem Film von Wisit Sasanatieng. Die altbekannte Geschichte von „Er will/sie aber nicht“ packt er in nachkolorierte Bilder und im Schnitt komponierte Rhythmen aus Bild und Ton, aus denen man den Rest des Abends nicht wieder herausfinden wird. Und es auch gar nicht erst will.

Cineasia Köln, versch. Spielorte7. bis 11. DezemberInfos: www.cineasia.de