Eineinhalb Jahre bis zur Hochzeit

Die Spitzen von Linkspartei und Wahlalternative haben einen Rahmenvertrag über Fusion im Juni 2007 unterzeichnet. Bisher aber wollen WASG-Mitglieder in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern die „neoliberale Politik“ der Ex-PDS nicht mittragen

AUS BERLIN DANIEL SCHULZ

„Die Linke hat mit diesem Projekt nichts weiter zu verlieren als ihre Zerstrittenheit“ – wichtig und feierlich wollte Klaus Ernst aus dem Vorstand der WASG klingen. Gestern unterzeichneten er und Lothar Bisky von der Linkspartei eine Vereinbarung, die einen Zusammenschluss der beiden Parteien bis Sommer 2007 vorsieht. Wie diese neue Partei dann heißen soll, steht noch nicht fest.

Dafür machten die Spitzen von Linkspartei und WASG umso deutlicher, dass sie zur Vereinigung keine Alternative sehen. „Ich habe Verständnis für die Ängste der Mitglieder beider Parteien“, sagte Linksparteichef Bisky, „aber sie dürfen den Prozess hin zu einer gemeinsame Partei nicht gefährden.“ In Urabstimmungen im Sommer 2007 sollen die Mitglieder beider Parteien endgültig über ein Zusammengehen entscheiden. Das sei notwendig, um bei den Wahlen 2009 gemeinsam antreten zu könne. Kritiker dieses Kurses hatten immer wieder darauf verwiesen, dass beiden Parteien ein ergebnisoffener Prozess versprochen worden war, an deren Ende beide Parteien auch wieder eigener Wege gehen könnten. Das interpretieren die Befürworter einer schnellen Fusion jedoch ganz anders. „Der Prozess ist offen“, sagte der Fusionsbeauftragte der Linkspartei, Bodo Ramelow, „die Frage ist nur, in welche Richtung er offen ist.“ Und Klaus Ernst forderte Zweifler auf, „persönliche Eitelkeiten zurückzustellen“. Die ideologischen Differenzen zwischen Einzelpersonen dürften nicht das Ziel einer gemeinsamen Partei gefährden.

Das sollte ein Dämpfer für die Gegner einer schnellen Fusion sein, die insbesondere in den ostdeutschen Landesverbänden der WASG sitzen (taz berichtete). In Mecklenburg-Vorpommern und Berlin lehnen die Mitglieder bisher mehrheitlich ein gemeinsames Antreten mit der Linkspartei ab. Denn die Ex-PDS ist dort an der Regierung beteiligt und die WASG wirft ihr vor, eine „neoliberale Politik“ mitzutragen. Bei einer Urabstimmung in Mecklenburg-Vorpommern sprachen sich daher am Wochenende die Mehrzahl der Wählenden dafür aus, bei der nächsten Landtagswahl 2006 eigenständig anzutreten, wenn die Linkspartei „ihren neoliberalen Kurs in der Landesregierung MV fortsetzt“, wie es im Text der Urabstimmung heißt.

Dieses Vorhaben, das auch die WASG in Berlin plant, gefährdet aus rechtlichen Gründen die Bundestagsfraktion aus Linkspartei und WASG. Daher steht in der Kooperationsvereinbarung auch der Satz, beide Parteien „bekunden nachdrücklich ihre Absicht, auf keiner Ebene bei Wahlen konkurrierend anzutreten“. Ob jene, die sich nicht daran halten wollen, der Ausschluss aus der Partei droht, wollten Lothar Bisky und Klaus Ernst gestern nicht klar beantworten.

Bodo Ramelow versuchte die Streitigkeiten positiv zu deuten. Es gehe darum, die Möglichkeiten zwischen den Extremen Opponieren und Regieren auszuloten. „Diskussionen wie in Berlin schärfen da unsere Argumente für die Debatten in anderen Ländern“, sagte Ramelow. Wenn die mitregierende Linkspartei in Berlin ihr Modell der Krankenhausfinanzierung vor der WASG verteidigen könne, sei es auch in anderen Landesteilen interessant. Eine Totalopposition schloss Ramelow aus.

Um die Zusammenarbeit bei Wahlen zu erleichtern, macht die Linkspartei mit der Kooperationsvereinbarung auch Doppelmitgliedschaften in beiden Parteien möglich – bis 2007.

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