Polizeitraining im Schulbus

Seitdem Polizeischüler im bayerischen Eichstätt mit Schulbus fahren, geht es dort ruhiger zu. Doch weitergeführt wird das Programm ab Februar nicht – schließlich will Eichstätt nicht Paris sein

AUS MÜNCHEN MAX HÄGLER

Ein Ellbogen wird ausgefahren, der Klassenkamerad auf die Straße geschubst, die Pausenschokolade aus dem Rucksack geklaut – und die ganz Kleinen stehen im Gang. So ist Schulbusfahren, egal ob im bayerischen Eichstätt oder sonst wo. Wer stärker ist, kriegt einen Sitzplatz und kommt ohne blaue Flecken weg.

Doch als erste deutsche Kommune will Eichstätt den Ärger in den Schulbussen durch Polizeiunterstützung in den Griff bekommen. Bis Februar 2006 begleiten uniformierte Einsatzkräfte der nahe gelegenen Bereitschaftspolizeischule die Busse des Eichstätter Schulzentrums Schottenau auf „erfahrungsgemäß problematischen Strecken“.

Das scheint auch bitter notwendig, liest man die erste Mitteilung des Landratsamtes dazu: „Grund (…) waren die Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung während der Busfahrten, wobei in wachsendem Umfang Straftaten wie etwa Körperverletzungen, Sachbeschädigungen, Nötigungen bis hin zu Erpressungsversuchen und Ordnungswidrigkeiten angezeigt wurden.“ Seit mittlerweile vier Wochen ist die Polizei im Einsatz. Flankiert wird der Streifendienst durch Anti-Mobbing-Kurse in der Schule.

Doch mittlerweile bereut man es ein wenig, als erste Kommune das Problem so offen beschrieben zu haben. Von der „alltäglichen Gewalt unter Eichstätter Jugendlichen“ und „Polizeischutz“ schrieb die lokale Presse. Da wurde es den Verantwortlichen von Stadt, Landkreis und Polizei dann doch selbst bange.

„Nein, nein – wir sind nicht in Paris“, beschwichtigt Landratssprecher Manfred Schmiedmeier. Das Wort Straftat wird nicht mehr gern ausgesprochen, überhaupt unterscheide man sich da sowieso nicht von vergleichbaren Städten.

„Wir leben hier im Land der Glückseligen“, meint Heinz Rindlbacher von der verantwortlichen Polizeidirektion Ingolstadt. Aber er gesteht doch ein, dass es merkbar ruhiger geworden sei in den Schulbussen. „Wir haben eben zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Die Beamten bekommen eine praktische Ausbildung, und die Schulwegsicherheit steigt.“ Zwölf Vorfälle wurden in diesem Jahr bis zur Polizeibegleitung aktenkundig, was Rindlbacher aber nicht erstaunt: „Es ist unausweichlich, dass es zu Straftaten kommt, wenn jeden Tag 1.400 Schüler aus dem Schulzentrum drängen.“

Für den Rektor Johann Donaubauer sind das durchaus Situationen mit „erheblichem Gefährdungsgefühl“. Gerade die Grundschüler aus der Förderschule hätten sich vorher „kaum mehr getraut, in die Busse zu steigen“, so groß war die Furcht vor den Mitfahrern, die „bewusst stoßen und rempeln“. Aber auch der Schulleiter stellt lakonisch fest: „Das ist bei uns nicht anders als in anderen Städten.“

Fest steht, dass die polizeiliche Ausbildungseinheit nach Februar nicht weitergeführt wird. „Das ist nicht notwendig“, urteilt Polizeimann Rindlbacher. „Im Republikvergleich sind wir ganz sicher kein Brennpunkt der Gewalt.“