Keine feindliche Übernahme

Um zwei Themen geht es am Wochenende auf dem Parteitag der PDS in Dresden. Eines sind die neuen kommunalpolitischen Leitlinien der Partei, und das andere ist die Fusion mit der Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG).

Für Ersteres dürfte sich außerhalb der Linkspartei kaum jemand interessieren, für das zweite Thema wohl alle brennend. Die Spitzen beider Parteien wollen die Fusion von Linkspartei und Wahlalternative bis zum Sommer 2007. Dann sollen beide Parteien noch einmal in Urabstimmungen entscheiden, ob sie die Hochzeit von West- und Ostlinken wollen oder nicht. Doch in Teilen der WASG gibt es Widerstand gegen den Pro-Fusion-Kurs, besonders stark ist dieser in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern. Dort sitzt die Linkspartei in rot-roten Regierungen, und das kreiden ihr die WASGler an. Ihre Begründung: Die Ex-PDS trage den „neoliberalen Kurs“ der SPD mit.

Bei den Fusionszweiflern wird es nicht für Freude sorgen, dass Linkspartei-Chef Lothar Bisky gestern der Leipziger Volkszeitung sagte, die PDS wolle gar nicht alle Linken. Eine Kleingruppe sei nicht an Politik interessiert, sondern an „der Pflege eines gewissen Krawallo-Stils“. Wolle die vereinigte Linke nicht als „Kasperletruppe“ erscheinen, müsse sie Parteiaustritte in Kauf nehmen.

Im Gegensatz zur WASG gibt es in der Linkspartei bisher kaum Streit über die Vereinigung. Dabei hat die Linkspartei viel mehr zu verlieren als die Westlinke, ihren Ruf als Trutzburg ostdeutscher Befindlichkeiten nämlich. Der Fusionsbeauftragte Bodo Ramelow macht für die Zurückhaltung einen „fast schon mythischen Glauben der Ostdeutschen an eine Vereinigung der Linken“ als Grund aus. Dieser größeren Sache opferten die meisten Linkspartei-Mitglieder bereitwillig eigene Eitelkeiten. Ob das stimmt, sei dahingestellt. Es wird jedenfalls kaum Ärger erwartet, wenn die Linkspartei ihr Statut ändert, um Doppelmitgliedschaften von WASGlern und Linkspartei-Mitgliedern in beiden Organisationen möglich zu machen. Die WASG hat einen solchen Beschluss bereits gefasst.

Masseneintritte von PDSlern in die WASG soll es aber nicht geben, verspricht Ramelow. „Wir wollen keine feindliche Übernahme.“ Nur da, wo es wahltaktisch geboten sei, sollen die Doppelmitgliedschaften angewandt werden. Angebracht sei dies beispielsweise bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt im März nächsten Jahres. Dort mache eine Doppelmitgliedschaft das Aufstellen von Kandidatenlisten einfacher. In den Neunzigern hatte sich die PDS Doppelmitgliedschaften verweigert. Die Partei fürchtete eine Unterwanderung durch linke Politirre.

Wandern werden wohl allerdings zunächst einmal zwei. Es wird erwartet, dass Oskar Lafontaine der Linkspartei und Gregor Gysi der Wahlalternative beitritt. Lafontaine dürfte bei der Saarländer Linkspartei keine Schwierigkeiten bekommen, doch Gysi wohnt in Berlin. Die Rebellen im dortigen Landesverband der WASG freuen sich sicher schon auf den Neuzugang.DANIEL SCHULZ