„Saarland und Bremen haben versagt“

Bremer Bürgermeister weist Sarrazins Auflösungs-Forderung zurück. Berlin beendet definitiv die Stadtstaaten-Solidarität

Berlin/Bremen taz/dpa ■ Berlins Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) hat sich dafür ausgesprochen, Bremen und das Saarland als eigenständige Bundesländer aufzulösen. Beide Bundesländer hätten bei der Sanierung versagt und damit gezeigt, dass sie als Bundesländer nicht lebensfähig sind – unabhängig davon, ob die Ursache in einem Versagen der politischen Klasse der Länder oder in objektiven Zusammenhängen liege. Jetzt müsse dafür gesorgt werden, „dass Bremen und Saarland in einem anderen Bundesland Aufnahme finden“.

Anlass der Sarrazin-Äußerungen ist der Berliner Doppelhaushalt für die Jahre 2006/2007. Berlin werde ab 2007 „mit den laufenden Einnahmen die laufenden Kosten begleichen können“, erklärte der Berliner Finanzsenator, „anders als Bremen und das Saarland. Beide Länder haben es nicht geschafft, ihre Haushalte zu sanieren.“ Seit 1993 habe das Saarland bei einer Million Einwohnern sechs Milliarden Euro Hilfe bekommen, Bremen mehr als acht Milliarden Euro Hilfe bei 650.000 Einwohnern erhalten. „Diese Hilfen waren dafür bestimmt, die Schulden abzubauen.“ Nach zehn Jahren lägen die Bremer Schulden „um drei Milliarden höher als zu Beginn der vermeintlichen Haushaltssanierung. Das Land Bremen hat also faktisch die Hilfen des Bundes nicht genutzt, um seinen Schuldenberg abzubauen. Es hat mit den Milliarden einfach seine laufenden hohen Defizite finanziert.“

Die Konsequenzen sind für Sarrazin klar: „Aus meiner Sicht haben beide Länder ihre Sanierungsaufgabe nicht gemeistert. Sie haben offenkundig versagt, und damit haben sie einen Anspruch auf weitere Hilfen verwirkt. Denn sie haben gezeigt, dass sie es nicht können. Dabei ist es relativ egal, ob sie es nicht können, weil es nicht machbar ist, oder weil es die politische Klasse in den Ländern nicht kann.“ Da Bundesländer nicht Konkurs gehen könnten wie Private, sei „die bundesstaatliche Gemeinschaft aufgerufen, dafür zu sorgen, dass Bremen und Saarland in einem anderen Bundesland Aufnahme finden.“ Das seien Rheinland-Pfalz und Niedersachsen.

Im Sommer 2003 hatte Berlin, das mit Brandenburg fusionieren will, auf Hilfen des Bundes in Höhe von 35 Milliarden Euro geklagt. Sarrazin sagte, er rechne „in den nächsten Tagen und Wochen“ mit einem Termin für die mündliche Verhandlung in Karlsruhe.

Sowohl im Saarland als auch in Bremen stieß Sarrazins Vorschlag auf Kritik. Carsten Sieling, SPD-Fraktionsvorsitzender in Bremen, sagte: „Eine Eingliederung von Bremen in Niedersachsen bringt nichts. Denn die Strukturprobleme bleiben. Außerdem wollen die Niedersachsen unsere Schulden nicht mit übernehmen.“ Egon Fischer, Sprecher des saarländischen Finanzministers Peter Jacoby (CDU), sagte: „Durch Neugliederung der Bundesländer werden Strukturprobleme nicht gelöst. Wäre das Gesamtwachstum der Wirtschaft nur zwei Prozent größer gewesen, wären wir aus dem Gröbsten raus.“

Bremens Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) reagierte kühl auf den Vorstoß des Berliner Senators. „Herr Sarrazin hat eine ausgesprochen dringende Aufgabe, die Sanierung des eigenen dramatischen Berliner Haushaltes. Damit sollte er eigentlich gut ausgelastet sein“, sagte Böhrnsen. Es mache wenig Sinn, wenn die Stadtstaaten sich untereinander den schwarzen Peter zuschieben würden, anstatt gemeinsam für eine angemessene Finanzausstattung ihrer Länder zu kämpfen. Böhrnsen: „Die Aufgabe der Selbstständigkeit bringt keinen Euro mehr in die Kasse und löst kein einziges Problem.“