Exportierter Tod für 1,12 Milliarden Euro

Deutschland mischt bei Rüstungsexporten weltweit wieder ganz weit vorne mit. Noch immer entscheidet die Bundesregierung geheim und ohne jede Transparenz über Waffen-Ausfuhrgenehmigungen. Berichtet wird zu spät und unvollständig

VON TARIK AHMIA

Wo bleibt der Rüstungsexportbericht der Bundesregierung für 2004? Das Jahr 2005 ist fast zu Ende – doch die Bundesregierung hat die Zahlen der deutschen Rüstungsexporte des vergangenen Jahres noch immer nicht vorgelegt. Das zuständige Bundesministerium für Wirtschaft wollte gestern taz-Fragen „mündlich nicht beantworten“ – so ein Sprecher. Auch die schriftlichen Anfragen blieben bis Redaktionsschluss unbeantwortet. Schweigen auch bei Reiner Arnold, dem sicherheitspolitischen Sprecher der SPD.

Dabei sind die Zahlen eigentlich kein Geheimnis: Deutschland exportierte im Jahr 2004 Kriegsgerät im Wert von 3,8 Milliarden Euro. Damit ist Deutschland der viertgrößte Rüstungsexporteur der Welt – hinter Russland, den USA und Frankreich. Das hat die „Gemeinsame Konferenz Kirche und Entwicklung“ (GKKE) ermittelt, die gestern in Berlin ihren Rüstungsexportbericht vorstellte. „Die rot-grüne Bundesregierung hat ihren Anspruch auf Zurückhaltung bei den Rüstungsexporten nicht eingelöst. Die Bilanz ist mager und enttäuschend“, erklärte Karl Jürsten, Vorsitzender der GKKE.

Die Kirchenmänner haben sich ihre Zahlen nicht bei der Bundesregierung, sondern beim Rat der EU besorgt. Seit 1998 gibt es dort einen EU-Verhaltenskodex, nach dem die Waffenexporte offen gelegt werden müssen. Der aktuelle Bericht des EU-Rates von Mitte November enthält bereits jene Daten, die die Bundesregierung weiterhin verschweigt. Nach diesen Angaben gehören Landfahrzeuge und Kriegsschiffe zu den deutschen Exportschlagern. Doch nicht nur Munition und Waffen gelten als Rüstungsgüter, sondern auch Radare, Stiefel, Westen. Ein Drittel davon ging in Entwicklungsländer.

Echte Kriegswaffen hat Deutschland im Wert von 1,12 Milliarden Euro exportiert. „Der Exportwert wird aber nur für Kriegswaffen angegeben. Für andere Rüstungsgüter – Radare, Stiefel, Westen – gibt die Bundesregierung nur die Zahl der erteilten Ausfuhrgenehmigungen an“, sagte Bernhard Moltmann von der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung. Moltmann fordert die Bundesregierung zu mehr Transparenz bei deutschen Rüstungsexporten auf. Bis heute werden wichtige Exportentscheidungen im geheim tagenden Bundessicherheitsrat gefällt. „Bei wichtigen Ausfuhrentscheidungen muss das Parlament stärker einbezogen werden.“

Zu den Glanzstücken deutscher Waffenschmieden gehören Gewehre und Pistolen. „Zwei Drittel der Exporte gingen 2004 in die USA“, erklärt Moltmann. Angesichts der dortigen Waffenkultur sei dies „skandalös“. Noch skandalöser allerdings sei die Streumunition, die für Flächenbombardements mit verheerender Wirkung eingesetzt wird – und zum Standardsortiment der deutschen Waffenschmiede Rheinmetall gehört. Andere Länder – etwa Belgien – haben solcherlei Exportgut inzwischen verboten.

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