Solidarität mit Susanne Osthoff

Die Türkische Gemeinde in Deutschland ruft heute Abend zu einer Mahnwache für die im Irak entführte Wissenschaftlerin Susanne Osthoff am Pariser Platz auf

Heute um 18 Uhr findet am Brandenburger Tor eine Kundgebung für die im Irak verschleppte Archäologin Susanne Osthoff statt. Initiiert wird die Solidaritätsaktion von der Türkischen Gemeinde in Deutschland (TGD).

Der Grund für das Engagement: Als die Türkei 1999 von dem großen Erdbeben erschüttert wurde, sagt Kenan Kolat, der Vorsitzende des TGD, habe es in Deutschland eine große Welle der Hilfsbereitschaft gegeben. „Wir, als türkischstämmige Deutsche, wollen nun umgekehrt unsere Solidarität mit den Deutschen bekunden.“ Fragen nach einer etwaigen Gleichsetzung von türkisch und islamisch, die dabei hergestellt werden könnte, wehrt er ab. „Wenn Sie so etwas organisiert hätten, käme niemand auf diese Frage. Es muss doch normal sein, dass ein Deutschlandtürke sich zu aktuellen Themen hierzulande zu Wort meldet. Natürlich bin ich Muslim.“ Kolat wird sogar noch genauer. „Ich bezeichne mich auch als Kulturmuslim. Dadurch fühle ich mich nur noch mehr in der Verantwortung, mich zu engagieren.“

Durch private Verbindungen kam Kolat mit Anja Osthoff, der in München lebenden Schwester der Entführten, in Kontakt. Sie wird bei der Mahnwache sprechen. Unterstützt wird sie von der in Tübingen ansässigen „Internationalen Gesellschaft Kultur des Friedens“ (GKF). Sie wurde vor 17 Jahren gegründet, um den Kalten Krieg mit Friedensideen zu überwinden. Unter den InitiatorInnen waren der griechische Sänger Mikis Theodorakis und der kirgisische Schriftsteller Tschingis Aitmatow.

„Es geht doch nicht, dass wir nur Zuschauer sind“, sagt Henning Zierock, der Vorsitzende der Gesellschaft. Durch die CIA-Affäre zeige sich, dass Deutschland möglicherweise stärker mit den Besatzungsmächten kooperiere, als angenommen werde. Der Zeitpunkt für Proteste sei da.

Bei Entführungen von italienischen oder französischen Journalisten im Irak hat es in den jeweiligen Ländern große Demonstrationen gegeben. Im Falle der entführten Italienerinnen mag die Reaktion der Bevölkerung als Kritik an ihrer Regierung, die sich am Irakkrieg beteiligt hat, gewertet werden. Bei der Entführung der Franzosen aber kann man den Protest als Kritik an der herrschenden Kriegslogik verstehen: Frankreich selbst hat sich, zumindest offiziell, aus dem Irakkrieg herausgehalten.

In Berlin wurde bisher vor allem in den Freitagsgebeten in Moscheen für Susanne Osthoff gebetet. Auch Innensenator Ehrhart Körting (SPD) beteiligte sich vor fast zwei Wochen spontan daran. Zumindest er versteht, warum der Fall Osthoff bisher von BerlinerInnen nicht massenhaft genutzt wurde, um zu zeigen, dass sie noch immer gegen den Irakkrieg und seine Folgen sind. Körting hält große Proteste für die falsche Aktionsform, da die Entführer davon nichts mitbekämen. „Mit Krieg“, so Körting aber, „hat die Entführung nichts zu tun.“ WS