Gute Mischung, gute Schule

Schulen mit vielen Migrantenkindern haben vor allem ein Problem: Die Deutschen wandern ab. Dabei zeichnen sich gerade diese Schulen oft durch gute Profile aus. Ein Beispiel aus Schöneberg

VON ALKE WIERTH

Vor fünf Jahren gab es an der Spreewaldgrundschule zwischen Winterfeldtplatz und „Sozialpalast“ kaum ein Kind, dessen beide Elternteile geborene Deutsche waren. Der Grund: Je mehr Kinder aus Migrantenfamilien an die Schule kamen, desto mehr deutsche Eltern meldeten ihren Nachwuchs lieber anderswo an. Dann kam ein neuer Rektor – und mit ihm viele neue Ideen.

Heute hat die in einem idyllischen Garten gelegene Grundschule ein theaterpädagogisches Profil. Das Theaterspielen, erläutert Rektor Erhard Laube, früher einmal Vorsitzender der Berliner GEW, erleichtert den Kindern den Spracherwerb, stärkt das Selbstbewusstsein und gibt außerdem Gelegenheit, auf die verschiedenen kulturellen Hintergründe der Kinder einzugehen.

Außerdem – auch dies ein erwünschter Nebeneffekt – machte das neue Programm die Schule für deutsche Eltern wieder attraktiv. Die Spreewaldgrundschule gewinnt zunehmend wieder Kinder mit deutscher Erstsprache.

So weit, so gut. Doch nützt das Mischen wirklich? Darum ging es bei einer von den Grünen organisierten Diskussion am Montagabend. Laut dem Psychologen Haci Halil Uslucan sind türkische Eltern zwar sehr interessiert an der Bildung ihrer Kinder. Integrierten die sich aber zu sehr, klaffe die Schere zwischen den Lebenseinstellungen der Eltern und denen der Kinder zu weit auseinander. Das bedrohe den Frieden in den Familien. Die Hamburger Professorin für interkulturelle Pädagogik, Ingrid Gogolin, wies darauf hin, dass man zum Deutschlernen nicht unbedingt deutsche Kinder braucht: „Spracherwerb funktioniert nicht über pures Nachmachen.“ Pädagogische Anleitung sei wichtiger.

Nach Erfahrung von Schulleiter Laube wollen vor allem die Migranteneltern den gemeinsamen Unterricht: „Sie wissen genau, wie wichtig gute Kenntnis der deutschen Sprache ist.“ Und auch die deutschen Eltern wollten ihre Kinder ja nicht in rein deutsche Klassen stecken: „Sie kennen doch die Realität unserer Gesellschaft“, sagt Laube. Das Problem sei, die beiden Gruppen zusammenzubringen. Manche ausländischen Eltern kämen neuerdings nicht mehr zu den Elternversammlungen, erzählt Laube. Sie hätten das Gefühl, dass die wortmächtigeren Deutschen dort „die Macht übernommen“ hätten. Die deutschen Eltern wiederum wundern sich, wenn die arabische oder türkische Freundin der Tochter nicht zum Übernachten bleiben darf.

Und auch die LehrerInnen haben ihre Probleme: „Wir brauchen klare Konzepte“, sagt eine. Die Motivation der KollegInnen, sich interkulturell fortzubilden, sei groß. Doch oft widerspreche ein Ausbilder dem nächsten.

„Die besten Schulen finden Sie heute in den schwierigsten Einzugsgebieten“, sagt dennoch Schulleiter Laube. Gerade dort führe der enorme Handlungsdruck zur Entwicklung neuer pädagogischer Konzepte. Nur noch die Eltern müssen mitziehen.