SACHSEN: DIE NPD-FRAKTION ZERFÄLLT ENTLANG POLITISCHER LAGER
: Braune Fundis und Realos

Auf den ersten Blick kommt der Ausstieg der zwei NPD-Landtagsabgeordneten in Sachsen überraschend. Die Partei hat im größten ostdeutschen Bundesland ihren stärksten Landesverband, der Verlag der Parteizeitung hat sich in Riesa niedergelassen, NPD-Fraktionen sitzen in sächsischen Gemeinderäten und Kreistagen. Nirgendwo sonst in Deutschland ist die Partei so stark verankert. Die Protagonisten sind keine Neulinge wie die von der DVU, die ein brauner Guru aus München in der ostdeutschen Provinz aufgegabelt hat und die als Abgeordnete Tiere quälen oder in die Fraktionskasse greifen. Aus dem Landtagswahlergebnis von 2004 folgte eine düstere Perspektive: Wenn es Rechtsextreme in Deutschland schaffen, sich als parlamentarische Kraft zu etablieren, dann in Sachsen.

Doch nun offenbart gerade Sachsen eine grundsätzliche strukturelle Schwäche rechtsextremer Parteien. Auf der einen Seite stehen die Ostdeutschen, die den Arbeitslosen aus ihren Landkreisen versprechen: Wir helfen euch, wir beteiligen euch am sächsischen Volksvermögen. Sie träumen vom Weg der PDS – von den Ausgegrenzen zur ernst genommenen politischen Kraft, die mitreden, vielleicht sogar mitregieren kann. Die anderen sind die westdeutschen Fundamentalisten. Sie wollen das Parlament als Arbeitsbasis für ihre Propaganda, als Plattform für Reden wie vom „Bomben-Holocaust“ nutzen. Hier kommt es zum Bruch.

Um erfolgreich zu sein, braucht eine rechtsextreme Partei beides: Die Basispolitiker, die soziale Probleme aufgreifen und den Wählern die Fiktion bieten, mit ihrer Stimme etwas verändern zu können. Und andererseits die Hitler-Verehrer und Volksverhetzer, die vom schlagkräftigen jungen Neonazi bis zum finanzkräftigen alten Kämpfer alle möglichen Tabubrecher anziehen. Die Erfolgskombination, das zeigt Sachsen, reicht aber nur bis in den Landtag, dann zerfällt sie. Möglich ist nun, dass sich, vielleicht in einem anderen Bundesland, rechtsextreme Sozialrevolutionäre an einem Rassismus ohne „Auschwitz-Lüge“ und am Sozialneid ohne Hitler-Verehrung versuchen. Dies könnte die nächste braune Gefahr werden. GEORG LÖWISCH