„Die Lücke bei der UNO schließen“

Gegen eine EU-Eingreiftruppe in der Demokratischen Republik Kongo bestehen „keine prinzipiellen Einwände“, sagt der EU-Sonderbeauftragte für das Afrika der Großen Seen

taz: Wird die EU Truppen nach Kongo schicken, wie es die UNO angefordert hat?

Aldo Ajello: UN-Untergeneralsekretär Guéhenno hat uns ganz allgemein gebeten, eine Streitkraft auf Abruf bereitzustellen, die sehr kurzfristig stationiert werden kann, falls es vor, während oder nach den Wahlen im Kongo zu Unruhen kommt. Das Sicherheitskomitee der EU (Cops) hat beschlossen, dass es gegen eine solche Operation keine prinzipiellen Einwände hat. Aber das ist noch keine formelle Zustimmung. Wir müssen genauer wissen, worum es geht – wie viele Soldaten, welche Aufgabe und welches Mandat, welcher Einsatzort.

Hat Guéhenno das nicht gesagt?

Noch nicht. Er kommt dafür am 27. Januar nach Brüssel. Der Ursprung seiner Bitte besteht darin, dass der Sicherheitsrat der UN-Mission im Kongo (Monuc) weniger Truppen zur Verfügung gestellt hat als gewünscht. Mit seiner Bitte will Guéhenno diese Lücke schließen.

Um welche Gefahren im Kongo geht es?

Der Friedensprozess liegt hinter Plan, und die Verzögerungen nehmen zu. Wenn das auch zu einer Wahlverschiebung führt, könnte es Reaktionen in der Bevölkerung geben, und die Oppositionsparteien außerhalb der Regierung könnten dabei eine gefährliche Rolle spielen. Bislang hofft man auf Wahlen spätestens bis 15. Juni. Aber schon der letzte Wahlkalender, den Kongos Regierung vor wenigen Wochen vorlegte, wird nicht eingehalten – darin sollte bis 12. Januar ein Wahlgesetz verabschiedet werden, aber bisher hat noch nicht einmal die Parlamentsdebatte darüber begonnen. Es kann auch Probleme geben, wenn die Wahlen stattfinden: Anerkennung der Ergebnisse, Regierungsbildung.

Braucht man bei Unruhen in solchen Situationen nicht eher Polizisten statt Eingreiftruppen?

Im Prinzip muss Kongos Regierung die Wahlen mit Polizei absichern, und wir müssen dafür sorgen, dass Kongos Polizei bis zu den Wahlen perfekt ausgebildet und aufgestellt ist. Wir werden auch bei Kongos Armee zusätzlich zu den sechs bestehenden Brigaden weitere sechs aufstellen, obwohl das sehr verspätet begonnen hat. Das sollte das Risiko von Unruhen reduzieren. Wir haben nicht die Intention, eine EU-Truppe zu schicken, um der Regierung ihre Verantwortung abzunehmen. Es wird eine Reservekraft sein, falls die Situation sich so verschlechtert, dass man Soldaten braucht und nicht Polizisten.

Sollen damit auch bestehende bewaffnete Gruppen oder militärische Fraktionen außerhalb der Armee abgeschreckt werden?

Das ist doch klar.

INTERVIEW: FRANÇOIS MISSER