Lehrer werden immer kürzer

Hamburg will ab 2007 die Lehrerausbildung umstellen. Grundschullehrer können schon nach viereinhalb Jahren an die Tafel. Referendariat nur noch ein Jahr, dafür soll ein sechsmonatiges „Kernpraktikum“ im Studium späteren Praxisschock verhindern

von Kaija Kutter

Wissenschaftssenator Jörg Dräger (parteilos) und Bildungssenatorin Alexandra Dinges-Dierig (CDU) haben gestern die Grundzüge einer Senatsdrucksache vorgestellt, die ab 2007 in Hamburg die Lehrerausbildung umkrempeln soll. Mit einem neuen „Hamburger Modell“ soll es gelingen, die universitäre Ausbildung in das gestufte Bachelor-Master-System zu überführen, zugleich aber praxisnäher zu gestalten und zu verkürzen.

Was gestern zum Aufatmen in Lehrer- und Uni-Kreisen führte: Die geplante Verkürzung fällt weniger radikal aus als befürchtet. Die Pläne, ähnlich wie in Baden-Württemberg, für Grundschullehrer nur noch ein dreieinhalb- oder vierjähriges Bachelor-Studium vorzusehen, sind vom Tisch. Es handle sich um einen „einvernehmlichen Weg“, betonte Dräger, dem auch die Hochschule und das Landesinstitut für Lehrerbildung (LI) zustimme.

Dennoch wird die Ausbildungszeit um ein bis zwei Semester verkürzt. Das bislang 18-monatige Referendariat wird auf ein Jahr „Vorbereitungszeit“ reduziert. Die sechs gekürzten Monate finden sich in Form eines „Kernpraktikums“ in der Master-Phase des Studiums wieder. Ergänzt wird dies durch ein weiteres „Integriertes Schulpraktikum“ zu Studienbeginn. Damit wolle man verhindern, so Dinges-Dierig, dass „fertige Lehrer zum ersten Mal vor der Klasse stehen“ und zu spät testen, ob sie für den Beruf geeignet sind.

Bislang war Hamburg das einzige Bundesland, in dem Grund- und Mittelstufenlehrer eine ebenso lange Ausbildung hatten wie Lehrer für Gymnasien und Berufsschulen: nämlich sechseinhalb Jahre für Studium, Prüfung und Referendariat.

Das wird sich ändern. Gymnasiallehrer bekommen nur das Referendariat verkürzt. Grundschullehrer aber können schon nach viereinhalb Jahren ins Referendariat, wenn sie in Studium und Praktikum gute Leistungen zeigen oder ihr Fach gefragt ist. Diese Verkürzung ist laut Dräger allerdings freiwillig, wer es nicht früher schafft, kann das Studium mit „vertiefenden Lehrveranstaltungen“ bis zum Ende des fünften Jahres fortsetzen.

Dinges-Dierig und Dräger versprachen trotz der Verkürzung besser ausgebildete Lehrer mit höherer pädagogischer Kompetenz. Dies sei unter anderem auf Grund der Vorarbeiten der Universität möglich. Dort hat man schon 2001 mit der Reform der Lehrerbildung begonnen und „Kerncurricula“ geschaffen. „Die Uni-Phase ist bisher im hohen Grade ein Studium der Fächer gewesen, unabhängig davon, was man später damit macht“, erklärte LI-Leiter Peter Daschner. So konnte es passieren, dass ein Mathelehrer das Gleiche lernen musste wie ein Diplommathematiker. Künftig werde es deshalb „verstärkt“ Seminare für Lehrer geben. Auch soll durch die Curricula verhindert werden, dass manche Inhalte „dreifach oder gar nicht drankommen, sondern einmal zur richtigen Zeit“, ergänzte Dräger.

Zudem wird die bisherige, immerhin anderthalb Semester lange Prüfungsphase für das erste Staatsexamen wegfallen, weil nach dem Europäischen Kreditpunktesystem (ECTS) künftig überwiegend studienbegleitend geprüft wird. „Im neuen System sind Prüfungen über den gesamten Zeitraum verschmiert“, erläuterte Uni-Vizepräsident Holger Fischer. Zudem sollen die Studierenden das Kernpraktikum nutzen, um ihre Masterarbeit vorzubereiten und einen „forschenden Habitus“ gegenüber ihrer künftigen Tätigkeit zu entwickeln.

Und zu alledem wird zur besseren Koordination der Lernphasen ein neues „Zentrum für Lehrerbildung“ gegründet, in dem LI und Universität gemeinsam über die Umsetzung wachen.