Böhrnsen fixiert Bremer Klage-Strategie

Bremen wird in Karlsruhe nur auf Hilfe zur Entschuldung klagen und die Investitionsquote deutlich senken, erklärte Bürgermeister Jens Böhrnsen gestern. Nur so hätte eine Klage in Karlsruhe eine Chance. CDU überrascht

Die Fortsetzung der Investitions-Politik birgt unkalkulierbare Risiken

Bremen taz ■ Sehr kurzfristig und zur Überraschung zumindest des Koalitionspartners von der CDU hat Bremens Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) gestern zur Pressekonferenz in die feierliche Atmosphäre des Senatssaales im Rathaus geladen. Neben den Presseleuten waren einige Dutzend Vertreter von bremischen Institutionen da und wollten die angekündigten „strategischen Leitlinien für Neubestimmung der Sanierungspolitik“ aus erster Hand mitbekommen.

Punkt eins: Bremen wird in vier Wochen eine Klage beim Bundesverfassungsgericht einreichen, wird allerdings nur auf eine weitere „Haushaltsnotlagenhilfe“ zur Entschuldung klagen. Damit schwenkt der Bremer Senat auf die Berliner Linie ein. Die Entschuldung müsse Priorität haben, erläuterte Böhrnsen, weil die Schulden sonst das Land in seiner Handlungsfähigkeit erdrücken würden.

Punkt zwei: Alle anderen Ansprüche Bremens – auf eine bessere Finanzausstattung über die so genannte „Einwohnerwertung“, auf Hilfe des Bundes bei der Finanzierung der Hafen-Investitionen, auf eine größere Orientierung der Finanzkraft an der Wirtschaftskraft im Länderfinanzausgleich – will Bremen „zunächst“ in die verabredeten Verhandlungen zur Reform des Föderalismus einbringen. Das sind die Punkte, für die Experten wie der Präsident des Oberverwaltungsgerichtes Matthias Stauch (vgl. taz vom 14.1.) Zweifel formuliert hatten, dass bei Gericht da viel zu holen sein würde.

Punkt drei: Gleichzeitig kündigte Böhrnsen weitere deutliche Einschnitte bei den Investitionsausgaben an und nahm damit Argumente des Finanzsenators Ulrich Nußbaum auf. Die Investitionspolitik Bremens sei richtig und in weiten Teilen erfolgreich gewesen, erklärte Böhrnsen, auch wenn sich dies nicht in steigenden Staatseinnahmen niedergeschlagen habe. Aber derzeit gebe Bremen pro Kopf der Bevölkerung fast doppelt so viel für Investitionen aus wie etwa Hamburg – was außerhalb Bremens kritisch gesehen wird. Böhrnsen: „Bei einer Fortsetzung dieser Politik würde dieser Kritikpunkt bestehen bleiben – mit unkalkulierbaren Risiken für die Erfolgschancen vor dem Verfassungsgericht und in anschließenden Verhandlungen.“ Auch der Dresdener Gutachter Helmut Seitz hatte darauf besonders hingewiesen. Böhrnsen wurde in dieser Frage konkret: Für die Jahre 2005 und 2006 soll gegenüber früheren Planungen das Investitionsvolumen um 30 Millionen Euro jährlich gesenkt werden, in den Jahren 2007-2009 sollen weitere Senkungen von jährlich rund 10 Millionen hinzukommen. Im Jahre 2009 sollen so für Investitionen 495 Millionen Euro zur Verfügung stehen. Damit würde Bremen das Pro-Kopf-Niveau Hamburgs in diesem Punkt erreichen. Bei den laufenden konsumtiven Primärausgaben hat Bremen das Hamburger Pro-Kopf-Niveau derzeit schon erreicht.

Die Handelskammer begrüßt die „Gesamtstrategie“ Böhrnsens und warnt nur vorsichtig, der Senat müsse weiterhin „die Wachstums- und Arbeitsmarktpotenziale in den Kernbereichen der bremischen Wirtschaft“ durch seine investiven Subventionen unterstützen. Auch CDU-Fraktionsvorsitzender Hartmut Perschau begrüßte Böhrnsens Grundsatzpapier und merkte an: „Es ist schon auffällig, dass das Positionspapier im investiven Bereich einen hohen Grad an Konkretisierung aufweist“, nicht im konsumtiven Bereich.“

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Böhrnsens Strategiepapier im Wortlaut: www.mehr-dazu.de