Rathaus neu justiert
: Böhrnsens Coup

Damit hatte niemand mehr gerechnet, nachdem Bremen von dem verbalen Trommelfeuer aus dem Rest der Republik verschreckt wurde: Bremens neuer Bürgermeister verkündet seine „Neujustierung“ der bremischen Politik als Strategie zur Rettung bremischer Selbständigkeit. CDU und Handelskammer fällt außer höflichen Beifalls-Gesten nichts mehr ein.

Kommentar von Klaus Wolschner

Böhrnsens Strategie ist schlau eingefädelt. Er will die Verfassungsklage – wie Berlin – auf die Entschuldungshilfe begrenzen und nimmt so all denjenigen den Wind aus den Segeln, die vor dem Gang nach Karlsruhe warnen angesichts der geplanten Verhandlungsrunden um die Föderalismusreform. Gleichzeitig greift er die Kritik der Finanzexperten – und des Finanzsenators – an der hohen Investitionsquote Bremens auf mit dem Hinweis, die Richter könnten daran Anstoß nehmen. Was sollen Handelskammer und CDU dagegen sagen? Seit Jahren hatte Böhrnsen dasselbe als sozialdemokratischen Herzenswunsch vorgetragen und damit nur Abwehrreflexe der CDU ausgelöst.

Der Coup war mit einem 15-Seiten-Papier generalstabsmäßig vorbereitet, die Presse überraschend zwei Stunden vorher eingeladen. So markiert man einen Führungsanspruch – ganz ohne formelle Richtlinienkompetenz.