Letzte Gelegenheit für den Monopolisten

Microsoft hat bis morgen Zeit, Auflagen der EU-Kommission zu erfüllen. Die will durch eine Offenlegung von Informationen über das Betriebssystems Windows mehr Wettbewerb auf dem Markt. Allerdings: Der Monopolist wehrt sich bereits seit zwei Jahren

VON TARIK AHMIA

Zwei Millionen Euro täglich – diese Strafe droht der Firma von Bill Gates, wenn sie nicht umgehend genügend Informationen über das Betriebssystem Windows offen legt. Die EU hatte dem Konzern Microsoft bis morgen eine letzte Frist gesetzt, um den Wettbewerbsauflagen der EU nachzukommen. Bis gestern hat Microsoft jedoch keine Unterlagen vorgelegt, die diese Forderungen erfüllen, erfuhr die taz aus Brüssel. Immerhin versuchte sich gestern der Windows-Monopolist mit sanfteren Tönen: „Wir haben in den letzten Wochen mit der Kommission sehr konstruktive Gespräche geführt und hoffen, morgen zu einer Lösung zu kommen“, erklärte Microsoft-Sprecherin Inga Paus der taz.

Die drohende tägliche Millionenstrafe ist der vorläufige Höhepunkt eines seit zwei Jahren andauernden Streits. Die EU will Microsoft zwingen, seine monopolistische Geschäftspraktiken aufzugeben. 2004 hatte die Kommission den Hersteller von Windows zu einer Strafe von 497 Millionen Euro verurteilt. So versuchten Brüssels Wettbewerbshüter Microsoft zu zwingen, Konkurrenten Informationen über das Betriebssystem Windows offen zu legen. Ohne diese sei der Wettbewerb auf dem Software-Markt eingeschränkt. Microsoft bezahlte damals, veröffentlichte aber trotzdem nicht.

Microsoft hält bei PC-Betriebssystemen weltweit einen Marktanteil von 96 Prozent. Nach Erkenntnissen der EU hatte die Firma von Bill Gates aber nicht nur die Informationen zurückgehalten – sondern Windows auch gezielt so programmiert, das Wettbewerbs-Software nur erschwert funktioniert. Neben der Geldstrafe gab es deshalb damals weitere Auflagen: Microsoft hatte bis Juli 2004 Zeit die so genannten Softwareschnittstellen von Windows offen zu legen. Auf die Schnittstellen wartet die EU Kommission bis heute. Eine solche Schnittstelle ist Teil des Windows-Progammcodes, den Hersteller unabhängiger Software kennen müssen, um ihre Programme optimal an Windows anzupassen.

Microsoft argumentierte bislang, die Schnittstellen seien Geschäftsgeheimnis. Ausgewählte Firmen erhalten schon jetzt die Informationen. Allerdings nur, wenn sie sich als „zertifizierte Partner“ vertraglich an den Konzern binden – zu entsprechenden Konditionen, versteht sich. Wirklich unabhängige Softwarefirmen bekommen solche Informationen dagegen nicht. „Damit würden wir die Tür für Windows-Nachahmer öffnen“, erklärt Microsoft-Anwalt Brad Smith.

Entsprechend wenig erhellend waren offenbar die Informationen, die Microsoft bislang über die Windows-Schnittstellen an die EU Kommission geliefert hat. „Die Dokumentation ist vollkommen unbrauchbar und muss total überarbeitet werden, um auch nur ansatzweise sinnvoll zu sein“, urteilte im Dezember Neil Barrett, der als Sachverständiger die eingereichten Unterlagen für die EU-Kommission prüfte.

Microsoft muss nun spätestens morgen seine Verschleppungstaktik aufgeben. „Ich habe Microsoft jede Gelegenheit gegeben, die Auflagen zu erfüllen“, erklärte gerade Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes. Es scheint, als sei die Geduld der Kommission endgültig am Ende.

Egal wie sich Microsoft nun verhält – auf PC-Anwender hat das erst mal keinen Einfluss: Denn selbst wenn das Monopol gebrochen wird – niedrigere Preise und eine größere Auswahl von Windows-Software benötigen lange Entwicklungszeit. Alternativen bleiben also vorerst das kostenlose Betriebssystem Linux oder das der Edelmarke Apple.