Ein Schwein, ans Kreuz genagelt

Erst vor wenigen Jahren forderte die CDU/CSU härtere Zensur gegen blasphemische Karikaturen und Theaterstücke

FREIBURG taz ■ Die Beschimpfung religiöser Bekenntnisse ist im Prinzip auch in Deutschland strafbar. Und wenn es nach der CDU/CSU gegangen wäre, dann könnten Religionskritiker in Deutschland sogar noch viel schneller vor dem Richter landen. Insbesondere Christen sollten besser vor blasphemischen Karikaturen und Theaterstücken geschützt werden. Dies sah ein Gesetzentwurf für „einen besseren Schutz religiöser und weltanschaulicher Überzeugungen“ vor, der 2002 allerdings von der rot-grünen Mehrheit im Bundestag abgelehnt wurde.

Laut geltendem Gesetz muss mit bis zu drei Jahren Haft oder mit Geldstrafe rechnen, wer „öffentlich oder durch Verbreitung von Schriften den Inhalt des religiösen Bekenntnisses anderer beschimpft“. So steht es in Paragraph 166 des Strafgesetzbuches. Die Tat muss allerdings „geeignet“ sein, „den öffentlichen Frieden zu stören“. Diese Einschränkung wurde 1969 im Zuge der allgemeinen Liberalisierung des Strafrechts eingefügt. Strafbar ist also nicht mehr die Gotteslästerung an sich, sondern nur die Gefahr für das friedliche Zusammenleben in der Gesellschaft.

Genau diese Einschränkung wollte die CDU/CSU in ihrem Gesetzentwurf wieder streichen. Begründung: „90 Prozent der Strafanzeigen von betroffenen Christen werden mit dem Hinweis zurückgewiesen, der öffentliche Friede sei nicht gestört“, so der CSU-Abgeordnete Norbert Geis im Bundestag. Dies führe dazu, das viele Christen das Gefühl hätten, sie könnten ihren Glauben in Deutschland „nicht mehr frei bekennen, ohne dafür lächerlich gemacht“ zu werden. Ungestraft dürfe der gekreuzigte Jesus Christus als „Balkensepp“ oder als „Lattengustl“ bezeichnet werden, kritisierte die Union. Im Internet würden T-Shirts angeboten, auf denen ein ans Kreuz genageltes Schwein mit der Aufschrift „Wieso“ zu sehen ist. Beanstandet wurden auch Theaterstücke wie „der Vaterschaftsprozess des Zimmermanns Joseph“ oder das Schwulen-Passionsstück „Corpus Christi“.

Doch SPD, Grüne und PDS lehnten das Zensur-Gesetz rundweg ab, die FDP enthielt sich. „Toleranz kann man nicht herbeistrafen“, sagte damals der SPD-Abgeordnete Joachim Stünker. Man müsse verhindern, dass künftig Salman Rushdie, der verfolgte Autor der islamkritischen „Satanischen Verse“, auch in Deutschland bestraft werden könne.

Möglicherweise ist die Union heute selbst froh, dass ihr Gesetzentwurf abgelehnt wurde.

CHRISTIAN RATH