„Dieser Entwurf ist nicht zukunftsfähig“

Die Schüler sind die Bauernopfer einer entflochtenen Gesetzgebung, sagt Bundeselternrat Wilfried Steinert

taz: Herr Steinert, was haben Schüler und Lehrer von der Föderalismusreform?

Wilfried Steinert: Gar nichts.

Immerhin, die Gesetzgebung ist entflochten, die Blockade von Bundesrat und Bundestag aufgehoben.

Das bringt doch den Schülern nichts. Sie werden als Bauernopfer für diese Entflechtung benutzt. Allenfalls der Süden, besonders Bayern, hat Vorteile, weil die schon immer mehr Mittel in Bildung investieren konnten. Arme Länder wie Brandenburg oder Mecklenburg-Vorpommern hingegen können nicht mithalten. Zum Beispiel, wenn es um die Bezahlung der Lehrer geht. Die Reichen werden mit gutem Geld die besten Lehrer ködern.

Wie kommt die Benachteiligung zustande?

Dem Bund wird jegliche Mitwirkung an Schulfragen untersagt. Sogar die finanzielle Unterstützung von Ländern mit einer schwierigen Sozialstruktur geht nicht mehr. Das wird die jetzt schon gewaltigen schulischen Unterschiede in Deutschland weiter verstärken.

Sie rufen nach dem starken zentralen Staat?

Nein, aber es muss doch möglich sein, dass er sich angemessen beteiligt. Wir wollen Eckdaten, die in allen Ländern gelten. Ohne die treibende und koordinierende Kraft des Bundes, das haben die letzten Jahre doch gezeigt, bekommen die Länder das nur zum Nachteil der Kleinen hin. Wer mehr Freiheit erhalten muss, sind die Schulen – damit sie sich um jeden einzelnen Schüler kümmern können. Aber der Bund muss bei der Rahmensetzung mit von der Partie sein.

Haben die Länder sich etwa nicht auf den Weg gemacht – mit den Bildungsstandards und der Lehrerbildung?

Pardon, das sind faule Kompromisse oder Mogelpackungen. Es ist doch heute einfacher, in Mailand Lehramt zu studieren und danach in Oslo als Pädagoge zu arbeiten, als in Berlin zu studieren und dann in Bayern als Lehrer angestellt zu werden. Mit den hoch gelobten Standards ist es nicht anders, sie nützen den Großen.

Wie soll es mit der Föderalismusreform weitergehen?

Wir müssen ein Moratorium einlegen. Es wäre falsch, so wichtige Fragen wie die der Bildung in einem undurchsichtigen Schnellverfahren durchzupeitschen. Wir sollten anhalten und einen breiten gesellschaftlichen Diskurs organisieren. Es geht schließlich um eine Änderung des Grundgesetzes. Der vorliegende Entwurf jedenfalls ist noch nicht zukunftsfähig. INTERVIEW: CHRISTIAN FÜLLER