Seehofer muss das Label „Bio“ retten
: Kommentar von Reiner Metzger

Die Biobranche boomt derart, dass in einigen Bereichen der Nachschub knapp zu werden droht. Das ist erfreulich, denn je mehr Biolebensmittel produziert werden, desto besser für die Umwelt. Und Arbeitsplätze werden auch zu tausenden geschaffen. Allerdings kommen in diesem traditionell als „alternativ“ abgehefteten Bereich nun immer neue Spieler hinzu. Wenn in einem Sektor Milliarden Euro pro Jahr umgesetzt werden, interessieren sich auch die Konzerne dafür. Und wenn Lidl, Rewe und Co. in immer größerem Maße einsteigen, droht der Branche eine völlige Neuordnung.

Das ist an sich keine Katastrophe: Der Biomarkt kann sich ebenso wie andere Märkte so entwickeln, dass auch für traditionelle Biolandwirte, -verarbeiter und -verkäufer noch genug zum Leben bleibt. Er kann aber auch vor die Hunde gehen, mit völlig unterbezahlten Bauern und bankrotten mittelständischen Firmen. Das hängt davon ab, wie die weitere Expansion gemanagt wird: Sie darf nicht zu schnell und nicht zu bruchstückhaft verlaufen.

Genau hier droht die Europäische Union mit ihrer neuen Richtlinie zum Ökolandbau in die falsche Richtung zu steuern. Der jetzige Entwurf verwässert die Biokriterien und verbietet sogar den strikteren Bioverbänden, ihre Vorteile vergleichend herauszustellen. Und die wichtigen Details samt Kontrolle wäre allein den Verwaltungen in Brüssel und den einzelnen Ländern überlassen, die Bioverbände wären weit weniger beteiligt als bisher. Das öffnet Tür und Tor für lax produzierte Bioware zweiter Klasse, die dann dankbar von den großen Ketten unters Volk gebracht wird. Alles irgendwie „Bio“ gelabelt, der Rest ist egal.

Wenn der EU-Richtlinienentwurf so durch die Instanzen käme, wäre das Label „Bio“ entwertet. Hier muss die Bundesregierung eingreifen, auch wenn der Bioanbau traditionell keine Herzensangelegenheit der beiden großen Volksparteien ist. Vom neuen Verbraucherminister Seehofer kann man verlangen, dass er sofort eine Initiative startet, um die neue Richtlinie noch hinzubiegen. Immerhin ist der Ministerrat die bestimmende Größe im betreffenden Verfahren. Also bitte keine Ausreden und die schöne Pflanze Biolandbau nicht zertreten!