„Das ist ein eindeutiger politischer Konflikt“

Linkspartei-Vorstand Stefan Müller findet das Eckpunktepapier „dünn und langweilig“. Er fordert mehr Diskussion

taz: Herr Müller, gestern wurde das Eckpunkteprogramm von PDS und WASG vorgelegt. Was halten Sie als Kritiker der Parteifusion davon?

Stefan Müller: Das Eckpunktepapier ist etwas dünn und langweilig. Es gibt Differenzen zwischen der PDS und der WASG, die angeschnitten, aber nicht geklärt werden. Strittig ist etwa die Haushaltskonsolidierung, da geht es um viel Geld, und gerade in Berlin führt das zu Konflikten. Aber solche Themen werden nicht weiter ausgeführt. Auch Punkte wie die Friedenspolitik oder der Einsatz der Bundeswehr im Ausland werden nicht weiter ausformuliert. Die müssen aber diskutiert werden, um Klarheit herzustellen. Die WASG ist schließlich gegen Auslandseinsätze.

Fühlt sich der Berliner Landesverband durch ein gemeinsames Programm noch vor der Abstimmung übergangen?

Nein, das Eckpunkteprogramm wurde ja angekündigt. Aber die Probleme, die der Berliner Landesverband mit der Berliner PDS hat, finden sich in Programm wieder. Wir verstehen uns als Partei, die sich für sozial Benachteiligte einsetzt, und haben einen starken Bezug zu sozialen Bewegungen. Das vermissen wir bei der Berliner PDS deutlich. Diese Vorwürfe lassen sich nun auch auf das Eckpunktepapier anwenden.

Wie wird der Berliner Landesverband mit dem Papier umgehen?

Auf dem Landesparteitag wird es keine Beschlüsse dazu geben, zunächst werden wir darüber diskutieren. Aber auf dem bundesweiten Länderrat der WASG am 5. März wird das Eckpunkteprogramm sicher Thema sein.

Die WASG-Spitze hat ihren Berliner Landesverband davor gewarnt, die Fusion mit der Linkspartei.PDS zu blockieren. „In Berlin sind Leute am Werk, die es ganz bewusst zum Scheitern treiben wollen“, sagte der Bundesvorsitzende Klaus Ernst. Soll mit dem Eckpunktepapier dieser Flächenbrand erstickt werden?

Als Flächenbrand würde ich die momentane Situation nicht bezeichnen, aber schon als eindeutigen politischen Konflikt. Die Aussagen von Klaus Ernst bremsen nicht unsere Kritik an der Geschwindigkeit, mit der der Bundesvorstand einen Parteienzusammenschluss anstrebt. Nach wie vor kommuniziert der Bundesvorstand zu wenig mit den Landesvorständen.

INTERVIEW: CIGDEM AKYOL