Nie mehr „teure Umarmungen“

In der Haushaltsdebatte sind sich SPD und Grüne weitgehend einig: Investitionsquote muss reduziert werden. CDU-Fraktionschef findet kein klares Wort zur neuen Bremer Finanzpolitik

Bremen taz ■ „Die Akzeptanz für nicht überzeugende Großprojekte und teure Verschönerungsmaßnahmen ist nicht mehr vorhanden“, erklärte gestern der Bremer Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) bei der Vorstellung des Doppelhaushaltes 2006/2007. Sanierungshilfen stünden nicht mehr zur Verfügung, und auch „fiktive Einnahmen“, wie sie sein Vorgänger Hartmut Perschau (CDU) im Haushaltsplan gebucht hatte – etwa 500 Millionen Euro unter dem Stichwort „Kanzlerbrief“ –, würde es mit ihm nicht geben. Der Haushalt müsse „transparent“ werden. Konkret heißt das für 2006 und 2007: Jeweils 3,8 Milliarden Ausgaben in den beiden Jahren stehen knapp drei Milliarden Einnahmen gegenüber. Bis 2009 müssten wenigstens Einnahmen und Ausgaben ohne die (steigenden) Zinslasten in Ausgleich kommen, bekräftigte Nußbaum. Eine mittelfristige Finanzplanung, die die Schritte dahin skizziert, konnte der Senat zum Auftakt der Haushaltsberatungen jedoch nicht vorlegen.

Nötig wären vor allem deutliche Kürzungen bei den Investitionsausgaben – und die sind heftig umstritten. Bremen leistet sich 1.050 Euro Investitionen pro Kopf in jedem Jahr, das Geberland Hamburg nur knapp über 600 Euro, stellt der Grüne Jan Köhler fest. Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) habe das Ziel formuliert, dass Bremen im Jahre 2012 Hamburger Niveau erreiche. „Wenn Böhrnsen umknickt oder zu Fall gebracht wird, sinken die Chancen Bremens beim Bundesverfassungsgericht ganz erheblich.“

Das Problem sei, so Köhler, dass unter Henning Scherf (SPD) der Vorgriff auf Haushaltsmittel späterer Jahre in Höhe von etwa 140 Millionen Euro angedacht worden sei. „Wunschlisten“ dafür haben einen Umfang von 300 Millionen Euro. Der Vorschlag von Innensenator Thomas Röwekamp (CDU), den Zuschuss für das Turnfest zu streichen, sei da „allenfalls putzig“, meinte Köhler – dafür nämlich sei nicht einmal dort ein einziger Euro eingetragen. Er hoffe, dass die SPD endlich hart bleibe in der Frage der Vorgriffe: „Die Zeit der teuren Umarmungen muss zu Ende sein“, spielte Köhler auf die ausgabefreudigen Jahre unter Scherf an.

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Hartmut Perschau redete 15 Minuten lang über Grundsätze, ohne auch nur ein klares Wort zur konkreten Haushaltsvorlage, zu den geplanten Reduzierungen der Investitionsquote oder zu den Angriffen auf seine Praxis als Finanzsenator zu sagen. SPD-Fraktionsvorsitzender Carsten Sieling griff derweil Wirtschaftssenator Jörg Kastendiek (CDU) scharf an. Der hatte in einem Interview Allgemeinplätze über Investitionen verbreitet. Er erwarte, formulierte Sieling in scharfem Tonfall, dass ein Senator sich „nicht wie ein Abteilungsleiter“ verhalte, sondern „Verantwortung für das Ganze“ übernehme – und dazu gehöre, der Bevölkerung die Notwendigkeit der Kürzung der Investitionsquote zu vermitteln. kawe