Koalition rettet sich mit Schiebungen

Nach wochenlangen Verhandlungen stellen die beiden Bürgermeister den Kompromiss vor: Gestrichen wird nichts, die geplanten Einsparungen werden durch „Streckungen und Verschiebungen“ auf das Jahr 2008 – also nach der Wahl – realisiert

Bremen taz ■ Der Senat ist „handlungsfähig“, die „selbst gesetzten Ziele“ wurden erreicht, der vorgelegte Haushaltsplan ist „realitätsgerecht“, mit solchen Floskeln suchte Bürgermeister Jens Böhrnsen sich gestern bei der Vorstellung der letzten Spar-Vorschläge selbst Mut zu machen. Er war im Januar vorgeprescht mit der Ankündigung, die im Dezember verabredete Einsparsumme im vorliegenden Haushaltsplan 2006/2007 von jährlich 30 Millionen Euro bei den Investitionsmitteln sollte wirklich eine Einsparung sein – also für die späteren Jahre entsprechend gelten. Gestern nun musste Böhrnsen einräumen: Die Investitionen werden im wesentlichen nur „gestreckt“, das Geld also später fällig.

Die Summen entsprechen dabei den Haushaltsresten, die sowieso erfahrungsgemäß am Ende nicht ausgegeben wurden, weil sich einiges verzögert. Im Jahre 2004 waren schließlich 65 Millionen Euro übriggeblieben und wurden auf das folgende Jahr übertragen. 2005 waren es rund 62 Millionen. Der ganze Unterschied ist nun, dass ab dem Jahre 2006 in zwei Schritten diese 60 Millionen vorab aus dem Haushaltsplan gestrichen werden. „Ein Einmaleffekt“, sagte der CDU-Bürgermeister Thomas Röwekamp ganz offen, für das Jahr 2008 lässt sich das nicht fortsetzen. Keiner der beiden Bürgermeister konnte auch nur ein Beispiel dafür nennen, dass wirklich etwas gestrichen werden soll, und die Ressorts haben mit Vorzug solche Projekte für die „Streckungen und Verschiebungen“ (O-Ton Senatsbeschluss) vorgeschlagen, die danach, also im Jahr 2008, nach der Bürgerschaftswahl umso dringender kommen werden: Krankenhaus-Investitionen, Bausanierungsinvestitionen, so bei Schulen oder an der JVA Oslebshausen, Bühnentechnik am Theater, Investitionen für die BSAG etc.

Der Wirtschaftssenator wollte sogar seinen Verschiebungsbetrag wesentlich durch die „Zwischenfinanzierung durch eine Gesellschaft“ außerhalb des Haushaltes eintreiben. Dieser Satz ist im endgültigen Senatspapier gestrichen, was die Frage aufwirft, ob man so etwas nicht tut oder nur nicht so laut sagt.

Über die mittelfristige Finanzplanung, die nach der Vorstellung von Böhrnsen bis zum Jahre 2009 einen „ausgeglichenen Primärhaushalt“ (Ausgaben abzüglich der Zinslast entsprechend den Einnahmen) erreichen soll, ist noch nicht geredet worden, erklärten die Bürgermeister. Ob zum Beispiel 15 Millionen Euro für den Kirchentag ausgegeben werden sollen oder nicht, ist nach wie vor offen – das wird erst Thema für den Haushalt 2009.

„Die große Koalition hat keine Probleme gelöst, sondern wie üblich vertagt“, kommentiert der grüne Bürgerschaftsabgeordnete Jan Köhler den Senatsbeschluss: „Damit wird der schwarze Peter nur den Haushältern kommender Jahre zugeschoben.“ Der CDU-Fraktionsvorsitzende Hartmut Perschau hat den Senatsbeschluss zum Anlass genommen, dem Finanzsenator Ulrich Nußbaum eins auszuwischen: „Wie schon bei der Vorbereitung der Klage hat sich erneut gezeigt, dass es nicht der Finanzsenator war, der zur Lösung noch ungeklärter Fragen beigetragen hat, sondern eine Einigung im Senat erst durch den Einsatz der beiden Bürgermeister zu Stande gekommen ist“, ließ Perschau verbreiten. Offenbar hat Perschau wenig von dem Verhandlungsprozess mitbekommen. Böhrnsen stellte klar, Nussbaum habe „wesentlichen Anteil“ an dem Senatsbeschluss, der „auch seine Handschrift“ trage. kawe