„Ich bin ein Soldat von George Bush“

Alle haben ihre eigene Geschichte: Auszüge aus den Pentagon-Akten von sieben der 317 Guantánamo-Gefangenen, deren Namen jetzt veröffentlicht werden mussten

„Ich will nicht mehr in Guantánamo bleiben, nicht eine Minute länger“

BERLIN taz ■ 5.000 Seiten umfassen die Dokumente, die das US-Verteidigungsministerium aufgrund einer gerichtlichen Anordnung veröffentlichen musste. Auf diesen Seiten verstreut finden sich die Namen von 317 Guantánamo-Häftlingen und Informationen über ihre Verhöre. Der US-Dienst der Nachrichtenagentur AP hat 28 Beispiele veröffentlicht. Eine Auswahl:

Arkin Mahmud: Der muslimische Uigure aus China kam im August 2001 nach Afghanistan und wurde von der Nordallianz als Taliban-Kämpfer gefangen genommen. Er war im Gefängnis Masar-i-Scharif, als dort im November 2001 der CIA-Offizier Johnny „Mike“ Spann umgebracht wurde. „Wenn ich schuldig bin, sollten Sie mich bestrafen“, sagte er im Verhör, „ansonsten beeilen Sie sich, um meinen Fall endlich zu Ende zu bringen.“

Mohammed Fenaitel: Der gebürtige Kuwaiter sagte, er sei zwei Tage vor den 11.9.-Attacken aus seiner Heimat nach Afghanistan gereist, um zu sehen, was dort mit seinen Spenden passiert sei. Er verlor seinen Pass, sagte er, und ließ sich nach Pakistan schmuggeln, um dort zur kuwaitischen Botschaft zu gehen. Die Schmuggler hätten ihn an die pakistanischen Behörden verkauft: „Natürlich haben die uns als Terroristen dargestellt und an die Amerikaner ausgeliefert.“

Akhdar Qasem Basit: Er kam aus China zum Training in ein militärisches Camp von Uiguren bei Tora-Bora. Die USA bombardierten das Lager. Sie behaupten, die Taliban und Bin Laden hätten es finanziert. Basit erklärt, er wisse nichts darüber und habe vor dem Angriff keinerlei militärisches Training erhalten. Nach dem Angriff seien er und die anderen Lagerbewohner in die Berge in Höhlen geflüchtet. Auf die Frage der Untersuchungsbeamten: „Haben Sie je eine Waffe auf Truppen der USA oder der Koalition abgefeuert oder jemandem dabei geholfen?“, antwortete Basit: „Komische Frage. Als wir da waren, sahen wir keinerlei Truppen der USA oder der Koalition. Wir sahen niemand, auf den wir hätten feuern können.“

Mohammed Gul: Der Bauer und Tankstellenbesitzer aus Afghanistan wurde wegen angeblicher Verbindung zu den Taliban festgenommen – sechs Wochen nachdem er aus Saudi-Arabien zurückgekommen war. Dort hatte er drei Jahre als Fahrer gearbeitet. Er sagte beim Verhör, er sei damals zurückgekommen, um sich um seine kranke Frau zu kümmern: „Ich will nicht mehr in Guantánamo bleiben, nicht eine Minute länger.“

Ehsanullah Peerzaie: Er trug bei seiner Festnahme durch US-Truppen in Afghanistan nach US-Angaben eine Namensliste von Taliban und Taliban-Funk-Codes bei sich, beides auf zerknittertem Notizpapier. Peerzaie bestreitet, Taliban-Mitglied zu sein: „Ich bin ein Soldat von George Bush. Ich habe nie einem Taliban geholfen und würde das auch jetzt nicht tun.“

Kadir Khandan: Er stammt aus Khost in Afghanistan und soll dort ein Versteck unterhalten haben, in dem Sprengstoff hergestellt wurde, und mit den Taliban zusammengearbeitet haben. Er sagte aus, er habe für die Regierung von Hamid Karsai gearbeitet und sei ein Gegner der Taliban. Er war früher Apotheker und hatte in Pakistan studiert. „Als ich auf die Medizinschule kam, sagte ich Gott, ich wolle Menschen heilen.“ Die Herstellung von Sprengstoff sei „vollkommen gegen meine Prinzipien“. Khandan erzählte, er sei von den US-Soldaten in Afghanistan gefoltert worden: „Ich musste 20 Tage lang ununterbrochen aufrecht stehen. Ich blutete tagelang aus Rumpf und Nase, weil ich so viel gefoltert wurde.“ Er fügte hinzu: „Hier in Kuba wurde ich gut behandelt. Im Großen und Ganzen ist es hier in Ordnung.“

Hussein Salem Mohammed: 1977 im Jemen geboren. Er wird beschuldigt, Al-Qaida-Mitglied zu sein. Er soll mit Dschamaat al-Tablighi zusammengearbeitet haben, einer in Pakistan angesiedelten Missionsorganisation, die zur Tarnung für Reisen von Al-Qaida-Mitgliedern gedient haben soll. In Teheran wurde er wegen illegaler Einreise verhaftet. Er gab seine illegalen Grenzübertritte zu, sagte aber, sein Ziel sei gewesen, nach Europa zu gelangen. Hier wollte er sich um Asyl bewerben. „Wie Sie wissen, sind die Tablighi Missionare“, sagte er. „Sie gehen überallhin. Ich wollte bloß mit ihnen reisen, ich arbeitete nicht mit ihnen zusammen. Ich wollte sie nur für meine Reisen benutzen und um aus dem Jemen rauszukommen.“ ci