Große Frau

Ein Fest für Nina Kunzendorf: Ihre Filme „Marias letzte Reise“, „Der scharlachrote Engel“ und „Die Nachrichten“ gewinnen den Grimme-Preis. Auch das Arte-Magazin „Karambolage“ wird geehrt

VON HANNAH PILARCZYK

Wer genau hinsah, für den war der stille Triumphzug von Nina Kunzendorf durch das deutsche Fernsehen im vergangenen Jahr offensichtlich. Das Adolf-Grimme-Institut hat ihn jetzt offiziell nachgezeichnet: Gleich drei Filme, in denen die Ausnahmeschauspielerin zu sehen war, werden 2006 mit dem Grimme-Preis prämiert.

Die Auszeichnung „mit Gold“ gab es für die liebevolle Sterbegeschichte „Marias letzte Reise“, in der Kunzendorf die Krankenschwester Andrea spielt, die von einer todgeweihten Krebspatientin aus ihrer Klinikroutine herausgelockt wird. Eine weitere höchste Auszeichnung des Marler Fernsehinstituts ging an Dominik Grafs und Günter Schütters „Polizeiruf 110: Der scharlachrote Engel“. Kunzendorf stellt in dem Krimi ein Vergewaltigungsopfer mit so viel Würde und Erotik dar, dass es Rolle und Format entgrenzt. Auch das leise Stasi-Drama „Die Nachrichten“ von Matti Geschonneck und Alexander Osang, in dem Kunzendorf als Freundin des unter Spionageverdacht stehenden Nachrichtensprechers glänzt, wurde mit einem Preis bedacht.

Ein großes Fernsehjahr sei 2005 gewesen, so Grimme-Chef Uwe Kammann. Insbesondere das Genre des TV-Films habe ein Niveau gezeigt, „das international seinesgleichen sucht“ – was weitere Auszeichnungen für das Heimatdrama „Hierankl“ und den RBB-„Polizeiruf 110: Kleine Frau“ deutlich unterstreichen.

Doch nicht nur für das Fernsehen allgemein, vor allem für Frauen ist das vergangene Jahr ein fernsehpreiswürdiges gewesen: Claire Doutriaux, Erfinderin des deutsch-französischen Satiremagazins „Karambolage“ (siehe taz vom 13. 3.), wird in der Kategorie „Spezial“ geehrt. ARD-Autorin Annette Dittert kriegt für die Reportage-Reihe „Abenteuer Glück“ sowohl den Publikumspreis als auch eine Auszeichnung in der Sparte „Information & Kultur“. Und Elke Heidenreich, von der gerade zwei Erzählungen verfilmt wurden, wird für ihre „Verdienste um die Entwicklung des Fernsehens“ die „Besondere Ehrung des Deutschen Volkshochschulverbandes“ zuteil.

Dass es um den Doku-Bereich nicht ganz so schlecht stehen kann, wie es ARD-Chefredakteur Hartmann von der Tann unlängst kritisiert hat, zeigt ein Blick auf die Gewinner in diesem Bereich: Von „Abschiebung im Morgengrauen“ (NDR) über „die story: Why we fight – Die guten Kriege der USA“ (WDR/BBC/Arte) bis „Die Frauen von Ravensbrück“ (MDR /RBB/SWR) haben die Dritten gezeigt, wie groß ihre Themen- und Stilpalette ist.

Ein ziemlich undankbares Jahr war es eigentlich nur für die Privaten: Allein ProSieben wurde für die quälend lustige Sitcom „Stromberg“ mit Christoph Maria Herbst mit einem Preis bedacht. Ein ironischer Schlenker: „Stromberg“ ist eine – allerdings sehr gute – Adaption der britischen Serie „The Office“. Von der öffentlich-rechtlichen BBC.

Aber vielleicht wird ja im laufenden Fernsehjahr alles anders und besser für die kommerziellen Sender. Die Aussichten sind jedenfalls nicht schlecht: Zum einen hat ProSieben gerade angekündigt, eine dritte Staffel von „Stromberg“ zu drehen. Und Sat.1 hat Anfang Februar die sehr hübsche Krimikomödie „Nette Nachbarn küsst man nicht“ gezeigt. In einer der Hauptrollen: Nina Kunzendorf.