Off-Kino
: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

„Der Schatz im Silbersee“ 18.-19.3. im Blow Up

Mit „Sauve qui peut (la vie)“ kehrte Jean-Luc Godard 1979 nach einem Jahrzehnt, in dem er vor allem an marxistisch-maoistische Filmtraktaten und Videoexperimenten gearbeitet hatte, zum „kommerziellen“ Filmemachen mit Starschauspielern und 35-mm-Material zurück: Seinen „zweiten ersten Film“ hat Godard das Werk genannt, das tatsächlich ein Kompendium seiner Ideen und filmischen Techniken aus seinem Umgang mit dem Medium darstellt. So präsentiert sich „Sauve qui peut (la vie)“ einerseits als Collage mit literarischen Monologen aus dem Off, einer Hommage an Marguerite Duras‘ Film „Le Camion“ und Experimenten mit der Verlangsamung von Bewegungsabläufen und ihrer Zerlegung in Einzelbilder, andererseits kehrt Godard jedoch auch zu einem nicht-linearen Erzählen zurück. Es geht um drei Personen, die laut Godard verschiedene Geschwindigkeiten repräsentieren und denen jeweils ein eigenes Kapitel gewidmet ist: Die beim Fernsehen arbeitende Denise Rimbaud (Nathalie Baye) kündigt ihren Job und ändert ihr Leben, indem sie aufs Land zieht, wo sie einen Roman schreiben will. Ihrem Ex-Freund, dem Fernsehregisseur Paul Godard (Jacques Dutronc mit J.-L. Godards Brille und seiner Zigarre) hingegen fehlt jeder Mut zur Veränderung. Sein Kapitel heißt „Die Angst“ und ein Duras-Zitat ist sein Lebensmotto: „Ich mache Filme, um meine Zeit auszufüllen. Wenn ich die Kraft hätte nichts zu tun, würde ich nichts tun.“ Isabelle Rivière (Isabelle Huppert) schließlich ist eine Prostituierte, „eine Person mittlerer Geschwindigkeit“, die ihrem Beruf kühl und ungerührt nachgeht. Godards Interesse gilt dabei dem Verhältnis von Bild und Ton, wie es sich in den von Inszenierungen geprägten Beziehungen Isabelles zu ihren Freiern widerspiegelt. „Sauve qui peut (la vie)“ wird im Rahmen der Hommage an Isabelle Huppert gezeigt.

Anfang der 60er Jahre bekam der seinerzeit auf dem letzten Loch pfeifende kommerzielle deutsche Film überraschende Komplimente aus dem Ausland: Sowohl in Frankreich wie in England konnten sich seriöse Kritiker nämlich mit der vom Produzenten Horst Wendtland initiierten Karl-May-Western-Reihe anfreunden, die sich, unprätentiös und vornehmlich an Action orientiert wie sie war, deutlich von den psychologischen amerikanischen „Super“-Western unterschied. Harald Reinl, der mit „Der Schatz im Silbersee“ den Auftakt zur Reihe und später die Winnetou-Trilogie drehte, gehörte fraglos zu den wenigen guten deutschen Genrefilm-Regisseuren, und die Besetzung der Blutsbrüder Winnetou und Old Shatterhand mit Pierre Brice und Lex Barker erwies sich ebenfalls als Glücksgriff. Und auch wenn die endlosen Weiten der amerikanischen Prärie tatsächlich in Jugoslawien lagen, die Perücken auf den Köpfen der „Indianer“ etwas seltsam wirken und nicht jeder Dialog gleich einen Literaturpreis gewinnt, so zeigt die Geschichte um den Goldschatz, mit dem Schurke Herbert Lom nach viel Hin und Her schließlich im Schlamm versinkt, doch deutlich, dass man in Deutschland das professionelle Filmemachen nicht verlernt hatte. LARS PENNING

„Sauve qui peut (la vie)“ (OmenglU) 19.3. im Filmtheater am Friedrichshain 3