Die Jugend von heute

Spaniens junge Menschen wetteifern, welche Stadt die meisten Säufer hat. Ist das noch Jugendkultur?

In welcher Stadt kommen die meisten Jugendlichen zusammen – und zwar zum Saufen? So lautet ein seltsamer Wettbewerb, der am Wochenende in Spanien ausgetragen wird. Seit Tagen schwirren E-Mails und SMS durch die Jugendzimmer der Nation. In mindestens 15 Städten findet der macrobotellón statt. „Botellón“ heißt so viel wie große Flasche und ist für rund eine halbe Million junger Spanier zwischen 14 und 30 die Hauptbeschäftigung an jedem Wochenende – üblicherweise auf den Plätzen der historischen Altstädte. Jetzt soll dem „macro“-mäßig noch eins draufgesetzt werden.

Gesundheitsministerin Elena Salgado warnt selbstverständlich davor: „Der Wettstreit ist ein Anschlag auf die Gesundheit.“ Die Eltern sollten ihre Kinder davon überzeugen, dass Alkohol eine gefährliche Droge ist. Gleichzeitig muss Salgado ihre Ohnmacht eingestehen, wenn es um ein gesetzliches Vorgehen gegen diese neue Jugendkultur geht, in der viele Spezialisten eine der Hauptursachen für die hohe Schulabbrecherrate von knapp 25 Prozent sehen. Denn Alkohol und Jugendschutz ist Angelegenheit der Länderregierungen oder der Gemeindeverwaltungen.

In vielen Städten, allen voran die Hauptstadt Madrid, versucht die Gemeindepolizei das Phänomen zu unterbinden, das längst wegen Schmutz und Lärmbelästigung auch ein Ärgernis für die Anwohner ist. In Madrid kann der Alkoholgenuss im Freien mit Geldstrafen von 300 bis 30.000 Euro belegt werden. Doch es hilft alles nichts.

REINER WANDLER, MADRID