WAS MACHT EIGENTLICH...… Neukölln?
: Seinem Ruf alle Ehre

So langsam beginnt der Wohnort Nord-Neukölln den dort Gemeldeten als echten Kerl zu adeln – „knallhart“ eben, wie der Film von Detlev Buck. Dabei klaffen die erlebte Realität im Kiez und der Ruf als Auf-die Fresse-Ghetto bisweilen ein wenig auseinander. Nicht, dass das in und um Rixdorf ansässige Gesellschaftsspektrum über ausgesprochen polierte Manieren oder soziale Kompetenz verfügte, mitnichten – aber meist erreicht man Schlaf- oder Arbeitsplatz im Viertel unbehelligt. Es gibt sogar Cafés und Kultureinrichtungen, in die man Auswärtige guten Gewissens einladen kann.

Ganz unbegründet ist der düstere Ruf freilich nicht: Die tödliche Schüsse auf einen Drogenfahnder an der Hasenheide waren gerade verhallt, da musste die Polizei am Donnerstagabend mehrfach rund um die mittlere Donaustraße intervenieren, weil sich dort an die 20 mit Schlagwerkzeugen bewehrte Jugendliche zur Keilerei zusammenrotteten. Zehn davon, im Alter zwischen 13 und 20, wurden kurzzeitig festgenommen. Die Hintergründe blieben, wie es hieß, „unklar“.

Aber dann gibt es wieder ziviles Engagement, das zuversichtlich macht. Heute Mittag wollen Demonstranten „im Namen der arabischen Community und aller rechtschaffenen Bürger“ in einem Schweigemarsch durch Nord-Neukölln ziehen, um die Todesschüsse in der Fontanestraße zu verurteilen: „Wir lehnen jede Art von Gewalt in unserer Gesellschaft ab, egal von welcher Seite sie ausgeht“, heißt es im Aufruf. Sehen Sie: Noch ist Neukölln nicht verloren. CLP

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