Bilanz ohne Glanz

Der 1. FC Köln ist nach dem 1:1 gegen Frankfurt in Liga zwei angekommen. Trainer Hanspeter Latour schreckt diese Perspektive nicht. Im Gegenteil

AUS KÖLN DANIEL THEWELEIT

Nicht einmal mehr den im Abstiegskampf arg strapazierten Begriff der Hoffnung wagten die Kölner nach dem 27. Spieltag noch zu bemühen. Der Feststellung, dass mit dem 1:1 gegen die Eintracht wohl der vierte Abstieg innerhalb von acht Jahren besiegelt sei, pflichtete Marco Streller bei: „Das sehe ich ähnlich.“ Trainer Hanspeter Latour wollte diese Einschätzung zwar nicht bestätigen, doch seinem gesenkten Haupt war anzusehen, dass auch in ihm etwas zerbrochen war nach dieser Partie, die all die Kölner Unzulänglichkeiten exemplarisch vorführte.

Zwar war die Mannschaft früh in Führung gegangen, doch dann vergaben die Kölner beste Möglichkeiten und demonstrierten ihr wunderbares Talent zur falschen Entscheidung in der Defensive. Marko Rehmer konnte doppelt bedrängt und trotzdem fast ungestört das 1:1 einköpfen, bevor Imre Szabics für die Fortsetzung des rot-gelben Spektakels sorgte, das diese Kölner Saison ebenso prägt wie die Serie der Erfolglosigkeit im heimischen Stadion, wo die Fans seit dem 17. September 2005 auf einen Sieg warten.

Szabics’ Platzverweis nach einer Grätsche auf Höhe der Mittellinie wurde zur Schlüsselszene der Partie. „Nach der roten Karte wurde die Situation derart schwer, dass wir einfach nicht mehr in der Lage waren, das Spiel zu dominieren“, sagte Latour, und auch Lukas Podolski war nach der achten Kölner Hinausstellung der Saison verärgert. Jedoch nicht über den Spielleiter, sondern über die Kollegen. Auf die Frage, warum beim 1. FC Köln so häufig Spieler hinausgestellt werden, antwortete er: „Da müssen Sie die Spieler fragen, die vom Platz fliegen“ – für einen Moment zeigte sich Podolskis tiefer Frust über sein Team. In einer stärkeren Mannschaft wäre es wohl auch ihm deutlich besser gegangen in diesem schwierigen Jahr. Man kann es dem jungen Stürmer nicht verübeln, wenn er sich jetzt langsam darauf freut, die Kölner Last und all den Ärger hinter sich zu lassen.

Latour lokalisiert das Übel im Übrigen an derselben Stelle wie Podolski. „Wenn wir vorne mehr riskieren, dann reicht es hinten nicht, und stellen wir uns hinten auf, schießen wir keine Tore“, haderte der Schweizer mit der Qualität seiner Spieler. Die konnte auch nicht entscheidend verbessert werden, als man im Winter vier neue Leute nach Köln gelockt hatte – das zeigte das Spiel gegen Frankfurt auch in aller Deutlichkeit. Evanilson wirkte nach seiner Einwechslung wie ein älterer Herr während eines Nachmittagsspaziergangs, dem man aber besser keinen Ball geben sollte; Boris Zivkovic ist nach immer schwächer werdenden Leistungen mittlerweile aus dem Kader geflogen; und die beiden Schweizer Marco Streller und Ricardo Cabanas zeigen nach einigen besseren Spielen eine stark absteigende Form. Auf die Arbeit des neuen Managers Michael Meier wirft diese Zwischenbilanz keinen Glanz. Seine beiden Leute, Evanilson und Zivkovic, haben nichts gebracht, Streller und Cabanas, die dem Ruf ihres Landsmanns Latour gefolgt waren, blieben auch erfolglos.

Die Mannschaft mag sich nun langsam aufgeben, Latour jedoch kämpft in jedem Falle weiter. Zwar geht es nicht mehr um den Klassenerhalt – was sich bei neuen Punkten Rückstand und einem Restprogramm mit Partien gegen die ersten vier der Tabelle wohl ohne viel Risiko sagen lässt – doch Latour bemüht sich um die Gunst der Klubführung. Er würde gern in Köln weitermachen und ist nach wie vor fasziniert von dem Verein und seinen hingebungsvollen Fans, von denen trotz der tief deprimierenden Situation wieder 48.000 im Stadion waren. Auch Meier würde die Zusammenarbeit mit Latour gern fortsetzen, er nennt „personelle Kontinuität“ als wichtigste Neuerung im Klub. Doch Präsident Wolfgang Overath und sein Beraterstab scheinen noch nicht von dieser Idee überzeugt zu sein.