„Ein Buddha mit Sprengzündung“

Der neue Hoffnungsträger der Sozialdemokraten auf Bundesebene ist ein alter Hase aus der Provinz: Kurt Beck, der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, kommt bei den Menschen seiner Heimat sehr gut an

MAINZ taz ■ Das runde Gesicht, die prallen Wangen, der graue Backenbart, die stämmige Figur signalisieren Lebensfreude und Bodenständigkeit. Wenn der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) sich in die Menge mischt, ist er ganz bei sich selbst. Wenn er auf den Rednerpult steht, wirkt er eher langweilig. Mag sein, dass ihn das so beliebt macht bei sich zu Hause und über die Landesgrenzen hinaus. Schließlich holt auch beim Fernsehpublikum immer der unauffälligste „Tatort“-Kommissar die höchsten Einschaltquoten. Schon im vergangenen Jahr war Beck Hoffnungsträger seiner Partei, wurde als Kanzlerkandidat und als neuer SPD-Vorsitzender gehandelt. „Unsinn“, sagte er damals immer wieder, dankte „für die große Ehre“, machte im November 2005 Platz für Matthias Platzeck – und blieb Stellvertreter.

Das muss nicht unbedingt Bescheidenheit gewesen sein. Seit 1994 regiert er das kleine Rheinland-Pfalz, dreimal siegte er über die Union, im März mit absoluter Mehrheit. Beck gilt als harmoniesüchtig, als Händeschüttler aus Passion. Parteigenossin Andrea Nahles hat ihn vor drei Jahren auch anders beschrieben, als aufbrausend, jähzornig, als „einen Vulkan, ein Buddha mit Sprengzündung“, aber ein liebenswerter, ein Gefühlsmensch, der zwar manchmal explodiere, dann aber schnell wieder einlenken könne. Seine Beliebtheit könnte auch dadurch erklärt werden, dass er gelernt hat, Kritik an sich abtropfen zu lassen, runterzuschlucken, und stets vermittelt, Macht sei ihm unwichtiger als die Menschen und sein Lieblingsverein 1. FC Kaiserslautern. Auch seine sonstigen Hobbys sind schlicht: Rad fahren und Wandern. Gegnern nimmt er auf seine Homepage den Wind aus den Segeln: „Spott und Ironie ertrage ich gerne.“ Für das Wohlergehen seines Landes sei „die Putzfrau genau so wichtig wie der Generaldirektor“.

Kurt Beck ist 1949 als Sohn eines Maurers in der katholischen Südpfalz geboren. Nach der Hauptschule begann er mit 14 Jahren seine Lehre als Elektromechaniker, heiratete 1968 jung, wurde Vater eines Sohnes, diente bei der Bundeswehr als Funkelektroniker. Beck arbeitete danach im Akkord, auf dem zweiten Bildungsweg machte er die mittlere Reife. Sein Haus in der Heimatgemeinde Steinfeld hat er mit dem Vater selbst gebaut. 1972 wurde er Personalratsvorsitzender und trat in die SPD ein, kam in den Kreistag, amtierte als Ortsbürgermeister in Steinfeld. 1979 zog er in den Landtag ein, Schwerpunkte: Soziales und Gesundheit. Als Fraktionschef diente er loyal seinem damaligen Ministerpräsidenten Rudolf Scharping, der 1994 zurücktrat. Als dessen Nachfolger koalierte er weiter mit der FDP, setzte einen harten Sparkurs und eine Verwaltungsreform durch. Seine Erfolge zählt er pragmatisch und selbstbewusst auf. Und hat doch den positiven Umfragen im letzten Wahlkampf nicht getraut, sondern wieder unermüdlich Hände geschüttelt. „Das“, sagte er, sei bei ihm „wie beim Zirkuspferd – wenn die Musik spielt, wird losgetrabt.“ HEIDE PLATEN