„Da kann man prima sitzen und Eis essen“

Dorothee Dubrau, Bezirksstadträtin für Stadtentwicklung in Mitte, fürchtet, dass sich nach dem Abriss des Palastes der Republik ewig nichts tun wird auf dem Schlossplatz. Bis zur umstrittenen Neubebauung hofft sie auf einen attraktiven Zugang zur Spree und ein Areal für wechselnde Veranstaltungen

INTERVIEW NINA APIN

taz: Frau Dubrau, gerade wurde auf dem Schlossplatz die so genannte „Humboldt-Box“ eingeweiht. Was halten Sie als zuständige Bezirksstadträtin und gelernte Architektin vom geplanten Humboldtforum?

Dorothee Dubrau: Dieses Forum ist für mich Teil einer rückwärts gewandten Tendenz, die ich in der gesamten Gesellschaft beobachte, besonders aber im Städtebau. Man versucht, immer mehr Kuschliges aus der Vergangenheit in die Städte zurückzuholen.

Worauf führen Sie das zurück?

Viele Menschen können mit der Radikalität der Moderne nicht umgehen. Jetzt setzt sich allenthalben der Massengeschmack durch, man möchte es plüschiger haben. Dass man das Dresdner Schloss wieder aufbaut, finde ich richtig, das war ja auch noch da. Aber dass man in der Mitte Berlins eine historisierende Schlossfassade neu baut, ist in meinen Augen nicht nur rückwärts gewandt, sondern eine Verschwendung von Volksvermögen. Der Abriss des Palastes, die Begrünung des Areals und ein eventueller Neubau werden von unseren Steuergeldern gezahlt!

Wäre es billiger gewesen, den Palast stehen zu lassen?

Auf jeden Fall wäre es ökonomisch sinnvoller gewesen, den, Palast so lange stehen zu lassen, bis der Neubau kommt. Den Vorplatz hätte man weiterhin für Veranstaltungen nutzen können und die Bibliothek, die in das Humboldtforum soll, hätte man auch im Palast unterbringen können.

Warum ist es dennoch anders gekommen?

Der Abriss war politisch gewollt. In meinen Augen ist es Bilderstürmerei, ein Gebäude abzureißen, weil es ein Symbol für DDR-Geschichte ist. Eine Demokratie sollte souveräner mit Vergangenheit umgehen können, und zwar mit jeder ihrer Vergangenheitsepochen.

An Stelle von Souveränität regiert die Abrissbirne. Ist der Baubeginn für das Humboldtforum 2012 realistisch?

Nein. Es gibt noch keine Finanzierung für das Forum, weder aus privater noch aus öffentlicher Hand. Und dann müsste erst einmal ein Architekturwettbewerb stattfinden … Es kann noch ewig dauern, bis sich auf dem Schlossplatz etwas tut.

Werden wir bis dahin eine Wiese haben?

Es wird wohl eine Mischung aus Wiese, Veranstaltungsplatz und historischen Ausgrabungen werden. Das liegt an den Eigentumsverhältnissen: Das Areal gehört zum Teil dem Bund, und der hat schon angekündigt, dass er nach Ende der Abrissarbeiten auf seinem Gelände einen Park haben will. Ein Streifen öffentliches Straßenland gehört aber dem Bezirk Mitte.

Was wollen Sie dort veranstalten?

Dort werden wohl weiterhin Rummel, Beachvolleyballturniere und andere Veranstaltungen stattfinden. Ich persönlich hätte ja lieber eine ordentliche Grünfläche auf dem gesamten Schlossplatz und insgesamt weniger Veranstaltungen in der City. Vielleicht gibt es noch eine Vereinbarung zwischen dem Land und dem Bund, einfach alles zur Grünfläche zu erklären.

Das wäre aber ein ganz schön großer Park: Das frei geschlagene Areal wird vom Alexanderplatz bis zur Kommandantur reichen.

In Berlin hat man anscheinend ein Problem damit, große Freiflächen auszuhalten. Ich befürchte ja, dass bald wieder darüber diskutiert werden wird, die Fläche um den Fernsehturm zuzubauen. Dabei ist dieser City-Park zwischen Fernsehturm und Marx-Engels-Forum eine echte großstädtische Perle. Am Schlossplatz würde man einen attraktiven Zugang zum Wasser mit Hang dazugewinnen, wo man prima sitzen und Eis essen kann. Daneben könnte ich mir eine gepflasterte Fläche für wechselnde Nutzung vorstellen.

Es wird wohl doch ein Gebäude werden. Welche Form könnten Sie sich dafür vorstellen?

Mit den Nutzungen des Humboldtforums, Bibliothek und Museum, bin ich eigentlich einverstanden. Ich würde mir nur eine mutigere architektonische Hülle dafür wünschen, etwas Modernes wie das Guggenheim-Museum in Bilbao. Das wäre ein ansprechender, vorwärts gewandter Anziehungspunkt, der Touristen und Einheimische ins Stadtzentrum locken würde. Ein besonders urbanes Signal sendet eine preußische Schlossfassade jedenfalls nicht aus.