Militante Linke attackierten Polizei

Die linksextremistische „Militante Gruppe“ (MG) bezichtigt sich selbst, den Brandanschlag auf das Polizeipräsidium am vergangenen Sonntag verübt zu haben. Die Gruppe trat 2001 zum ersten Mal in Erscheinung: Seitdem gehen laut Verfassungsschutz mindestens 16 Anschläge auf ihr Konto

Die Aktionen der Militanten Gruppe gelten als isolierte Einzelhandlungen

VON FELIX LEE

Von den mutmaßlichen Tätern, die in der Nacht zum Sonntag einen Brandanschlag auf das Polizeipräsidium am Platz der Luftbrücke in Tempelhof verübt haben, gibt es nun ein Bekennerschreiben. In einer Erklärung der „Militanten Gruppe“ (MG), die der taz vorliegt, wendet sich die Gruppe gegen „das Trauerspektakel für den langjährigen Zivi-Bullen Uwe L“. Der Polizist Uwe Lieschied war Mitte März auf Streife erschossen worden. Am Sonntag fand ein Benefizfußballspiel für ihn statt.

Weiter heißt es in dem Schreiben: „Statt (…) in den Chor des Wehklagens einzustimmen, nutzen wir das Forum dieser Trauerzeremonie, um der GenossInnen zu gedenken, die im Kampf für eine Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung von den Ausführenden des staatlichen Gewaltmonopols ermordet wurden.“ Die beigefügte Gedenkliste umfasst unter anderem die RAF-Gründer Gudrun Ensslin und Andreas Baader. Der Verfassungsschutz stuft die klandestin agierende MG als „linksextremistisch“ ein.

Bei dem Anschlag auf das Polizeipräsidium am Platz der Luftbrücke in Tempelhof hatten die Täter eine Seitentür des Gebäudes in Brand gesetzt. Polizeibeamte konnten das Feuer noch vor dem Eintreffen der Feuerwehr löschen. Verletzt wurde niemand. Trotz intensiver Ermittlungen des Staatsschutzes hatte die Polizei bis gestern keine Hinweise auf die Täter oder ein Motiv. Bisher ging die Polizei davon aus, dass nur der Farbbeutel-Anschlag, der am Montag auf das Amtsgericht Lichtenberg verübt wurde, der linken Szene zuzurechnen sei. Auf diesen Anschlag geht die MG in ihrem Bekennerschreiben jedoch nicht ein.

Die MG ist 2001 erstmals in Erscheinung getreten, als sie Patronen an den damaligen Regierungsbeauftragten für die Entschädigung der Zwangsarbeiter, Otto Graf Lambsdorff (FDP), schickte. In der Manier militanter Gruppen der 80er-Jahre hatte sie in der linken Szenezeitschrift Interim versucht, eine neue Militanzdebatte für die linksradikale Szene zu entfachen. Die Debatte untermauerte sie mit konkreten Aktionen. Mindestens 16 Anschläge gehen auf ihr Konto, unter anderem Brandsätze auf eine bekannte Supermarktkette und eine Reihe von Ordnungs- und Finanzämter. Zielobjekte waren in der Regel Autos und Gebäude. Auch wenn die Gruppe eigenen Bekundungen zufolge die Liquidierung von Menschen nicht grundsätzlich ablehnt, wurden Personen bislang nicht verletzt. Der Generalbundesanwalt ermittelt dennoch wegen des Verdachts der Bildung einer terroristischen Vereinigung.

Zwar knüpft die MG mit ihren Anschlägen an aktuelle Themen der linken Szene an, wie Hartz IV oder die Vorbereitungen der G-8-Proteste 2007 in Heiligendamm. Ihre Aktionen gelten in der linken Szene jedoch laut einer Kennerin, die namentlich nicht erwähnt werden möchte, als „isolierte Einzelhandlungen“, auf die sich nur wenige positiv beziehen. Von dem Anschlag auf einen Lebensmittelladen im Januar vor einem Jahr, bei dem fast ein Bauarbeiter verletzt wurde, distanzierte sich selbst die Redaktion der Interim, die sonst dafür bekannt ist, Bekennerschreiben aller möglichen Gruppen kommentarlos abzudrucken.

Der Anschlag auf das Polizeipräsidium sollte Teil einer Serie sein. Eigentlich wollten sie auch das Fußball-Benefizspiel im Stadion Neukölln sabotieren und unter anderem die Eingangstore verkleben. Dazu kam es aber nicht. In einem Zusatzschreiben räumte die MG ein, bei „der Vorbereitung nicht akribisch genug gewesen zu sein“.