Das riskante Glück der späten Geburt

Immer mehr Schwangere werden als spät Gebärende eingestuft. Die späte Mutterschaft ist mit einem erhöhten gesundheitlichen Risiko verbunden

„Späte Mütter“ sind im Trend. Waren es 1990 noch knapp über 70.000 Kinder, die in Deutschland von Frauen über 35 Jahren geboren wurden, sind es heute mehr als doppelt so viele. Im Jahre 2003 betrug das durchschnittliche Alter der Mütter bei der Geburt fast 30 Jahre: Immer mehr Frauen erwarten immer später ein Baby. Und es handelt sich dabei nicht nur um solche, die bereits Kinder haben, sondern oft um Erstgebärende.

Medizinisch betrachtet ist die späte Schwangerschaft jedoch nicht unproblematisch. So liegt das ideale Alter fürs Kinderkriegen zwischen 25 und 35 Jahren, danach nimmt die Fruchtbarkeit der Frau kontinuierlich ab. Darüber hinaus gibt es einige spezifische Gesundheitsrisiken. So bringen ältere Frauen eher Down-Kinder mit einem Fehler in der Erbsubstanz zur Welt: Ihr 21. Chromosom ist dreimal statt zweimal vorhanden.

Laut dem Oberhausener Institut für klinische Genetik und Zytologie liegt für eine 35-jährige Frau das Risiko für ein Down-Kind bei 1 : 380, mit 40 Jahren steigt es auf 1 : 109. Die Aachener Gynäkologin Kerstin Büttner betont jedoch, dass auch das Alter des Mannes ein Risikofaktor sei. „Hinweise auf ein Down-Syndrom können eine Ultraschall-Messung der Nackenhautfalte beim Embryo sowie eine Blutuntersuchung bei der Mutter liefern“, erklärt Büttner.

Weitere Aufschlüsse geben Untersuchungen von Fruchtwasser und Plazenta, also Amniozentese und Chorionzottenbiopsie. Vor allem die Plazentaprobe erhöht jedoch das Risiko von Fehlgeburten, so dass sie nur in konkreten Verdachtsfällen zum Einsatz kommen sollte.

Von vielen Seiten ist immer wieder zu hören, dass es einer älteren Frau generell schwerer fallen würde, ihr erstes Kind auszutragen. Klaus Vetter von der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe betont jedoch: „Einen prinzipiellen Unterschied zwischen jungen und älteren Schwangeren gibt es nicht.“

Frauen über 35 leiden zwar öfter unter Ängsten während Schwangerschaft und Geburt, doch das lässt sie auch eher die gesetzlich vorgesehene Mutterschaftsvorsorge in Anspruch nehmen. Auch wünschen sie sich öfter als jüngere Frauen einen Kaiserschnitt. Die „Sectio Caesarea“ erhöht jedoch das Risiko von Thrombosen und Lungenembolien sowie von Wundinfektionen und Entzündungen, das Sterberisiko für die Frau ist bis zu dreimal so hoch wie bei der natürlichen Geburt.

Zudem ergaben jüngere Untersuchungen, dass bei älteren Schwangeren ein erhöhtes Risiko von Schwangerschaftsdiabetes besteht. Wobei jedoch ein bestehendes Übergewicht der Mutter ein weitaus größerer Risikofaktor ist – manche Dinge ändern sich eben auch durch eine Schwangerschaft nicht.

JÖRG ZITTLAU