BVG spannt lieber heimlich

Die BVG hat vor drei Wochen die Videoüberwachung in vielen U-Bahnhöfen deutlich verstärkt. Die vereinbarten Hinweisschilder hat sie nicht aufgehängt. Datenschützer kritisiert „Gesetzesverstoß“

von CHRISTIAN HONNENS

Die BVG überwacht mit Videokameras dauerhaft Bahnhöfe und zeichnet die Bilder auf, ohne genügend darauf hinzuweisen. „Dass auf den Bahnsteigen immer noch nicht ausreichend große Schilder stehen, ist ein klarer Verstoß gegen das Berliner Datenschutzgesetz“, sagte gestern Hanns-Wilhelm Heibey, der stellvertretende Datenschutzbeauftragte Berlins, der taz,.

Etwa 300 Videokameras zeichnen seit dem 1. April an den Bahnsteigen der U-Bahn-Linien 2, 6 und 8 dauerhaft Bilder von Fahrgästen auf. Die Bilder werden 24 Stunden lang gespeichert. Die Datenschützer hatten der Überwachung erst nach jahrelanger öffentlicher Diskussion zugestimmt – allerdings nur unter Bedingungen: An den komplett überwachten Bahnhöfen deutliche Hinweisschilder anzubringen war eine davon.

BVG-Sprecherin Petra Reetz bestätigte gestern, dass die verstärkte Überwachung seit drei Wochen wie geplant läuft. Die neuen Hinweisschilder habe man noch nicht aufgehängt. „In drei bis vier Wochen, wenn die neuen Aufkleber fertig sind, wollen wir es geschafft haben“, sagte Reetz. Allerdings verweist sie auf die bestehenden Hinweise: die Piktogramme an den Zugängen zu den Bahnsteigen und auf den Notrufsäulen. Die 10 mal 10 Zentimeter großen Aufkleber zeigen ein stilisiertes Auge und den Schriftzug „Video“.

Dem Datenschützer Heibey sind die Aufkleber zu klein und unauffällig. Eine Einschätzung, die sich in der Praxis bestätigt: Die Piktogramme waren bei einer taz-Umfrage in sechs U-Bahnhöfen keinem der befragten Fahrgäste aufgefallen. Der Jurist Thilo M. will zum Beispiel im ganzen U-Bahnhof Alexanderplatz keinen Hinweis gesehen haben. Als ihm der Aufkleber an der Notrufsäule gezeigt wird, sagt der 31-Jährige: „Die Schilder sind nicht ausreichend, der Aufzeichnungsradius wird nicht deutlich, und es fehlen Informationen darüber, wann aufgezeichnet wird.“ Einen Hinweis am Zugang zum Bahnsteig der U 8 konnte er nicht gesehen haben. Es gibt hier keinen – so wie an vielen Fahrstuhlzugängen.

Nach dem neuen Konzept werden an den betroffenen Linien von vornherein alle Daten gespeichert. Bisher werden die Bilder nur aufgezeichnet, wenn BVG-Mitarbeiter in der Zentrale den Knopf drücken. So wird auf allen anderen Linien auch verfahren. Ziel des Pilotprojekts, das wissenschaftlich begleitet wird, sind Abschreckung und höhere Aufklärungsquoten bei Kriminalität. „Doch ohne auch für Kriminelle sichtbare Hinweise funktioniert die Abschreckung nicht“, sagt Heibey. Die BVG müsse dies in eigenem Interesse einsehen.

Die neuen Hinweisschilder sollen Anfang Mai dem Datenschutzbeauftragen vorgestellt werden, sagt Heibey. Die Entwürfe seien bereits fertig. Nach BVG-Angaben sollen die Aufkleber dann zusätzlich den Schriftzug „Zu Ihrer Sicherheit“ bekommen und fünf Zentimeter längere Kanten haben. Heibey bleibt skeptisch: „Sie sind immer noch sehr klein. Daher kommt es auf die Menge an und wie gut sichtbar sie für die Fahrgäste sind.“