Einmalige Einigung

von THILO KNOTT

Die Tarifparteien in der Metall- und Elektrobranche haben mit dem Pilotabschluss am Wochenende in Nordrhein-Westfalen einen Streik abgewendet – und tarifpolitisches Neuland betreten. Neben einer Lohnerhöhung von 3 Prozent sieht der Flächentarifvertrag erstmals vor, dass auf betrieblicher Ebene über Einmalzahlungen entschieden wird. Bisher hatte die IG Metall die Verlagerung von Tarifverhandlungen in die Betriebe strikt abgelehnt.

Die Gewerkschaft und der Arbeitgeberverband Gesamtmetall einigten sich am Samstagmorgen nach einem 18-stündigen Verhandlungsmarathon in Düsseldorf. Sie empfahlen die Übertragung des Abschlusses auf alle bundesweit 3,4 Millionen Beschäftigten der Branche. Die Verhandlungen zur Übernahme des nordrhein-westfälischen Pilotabschlusses in den anderen Tarifbezirken sollen bis Freitag stattfinden.

Gesamtmetall-Präsident Martin Kannegiesser erklärte, der Abschluss sei nur möglich gewesen, weil der Einstieg in die Flexibilisierung der Einmalzahlung gelungen sei. Die Unternehmen seien an den „oberen Rand des wirtschaftlich Möglichen“ gegangen. Der IG-Metall-Vorsitzende Jürgen Peters sprach von einem „Kompromiss mit Augenmaß“. Die Einmalzahlung habe nicht nur Spielraum nach unten, sondern eher nach oben. Er hoffe, dass sich diese Regelung bewähre.

Die dreiprozentige Lohnerhöhung gilt für eine Laufzeit von zehn Monaten vom 1. Juni an. Für die Monate März bis Mai gibt es für die Beschäftigten eine Einmalzahlung von 310 Euro. Die Einmalzahlung kann in Verhandlungen mit dem Betriebsrat je nach wirtschaftlicher Lage des Unternehmens gestrichen oder bis auf das Doppelte, also auf 620 Euro, erhöht werden. Es sei wichtig, dass mit dieser „zusätzlichen Betriebsnähe der unterschiedlichen Leistungskraft der Betriebe“ Rechnung getragen werde, sagte Kannegiesser.

Auch die übrigen Streitpunkte wurden beseitigt. So sollen die vermögenswirksamen Leistungen in Höhe von 319 Euro jährlich künftig in einen Rentenbaustein umgewandelt und nur noch für die Altersvorsorge gezahlt werden. Die Tarifparteien einigten sich auch auf einen Tarifvertrag zur Qualifizierung. Die Arbeitgeber verpflichten sich darin, ihre Beschäftigten auf eigene Kosten weiterzubilden, wenn Investitionen oder neue Arbeitsabläufe dies nötig machen. Einen Qualifizierungstarifvertrag gab es bisher nur in Baden-Württemberg.

Gelöst wurde auch der Konflikt um die so genannte Steinkühler-Pause, von der die IG Metall die Einigung auf das Gesamtpaket abhängig gemacht hatte. Nach Angaben des Hauptgeschäftsführers Südwestmetall, Ulrich Brocker, sieht die Vereinbarung vor, dass die stündlich garantierten Pausen künftig nur noch für Fließbandarbeiter mit kurzen Takten gelten sollen. Dieser Auslegung widersprach aber Baden-Württembergs IG-Metall-Bezirksleiter Jörg Hofmann. Die Pause habe bislang für 92.000 Beschäftigte gegolten. „Sie wird auch in Zukunft für 92.000 Beschäftigte gelten“, sagte Hofmann. Die achtminütige Pause pro Stunde war 1973 von der Gewerkschaft erkämpft worden. Sie gilt nur für Akkordarbeiter in Nordwürttemberg und Nordbaden.