Sarkozy will die Migration einschränken

Der französische Innenminister legt heute im Parlament den Entwurf des neuen Ausländergesetzes vor. Unter anderem soll die Familienzusammenführung künftig dem Bedarf der Wirtschaft untergeordnet werden. Dagegen gibt es bereits Proteste

AUS PARIS DOROTHEA HAHN

Nicolas Sarkozy möchte weg von dem „Erleiden“. Und hin zur „Wahl“. So begründet Frankreichs Innenminister den Gesetzentwurf zur „Regelung von Einreise und Aufenthalt von Ausländern sowie des Asyls in Frankreich“ (Ceseda), den er heute im Parlament vorlegt. Um die Einwanderung „nützlicher“ für Frankreich zu machen, will der Innenminister – in Personalunion Parteichef der Regierungspartei UMP und Kandidat für die Staatspräsidentschaft – die Bedingungen für die Familienzusammenführung erschweren, die Wartezeiten und Kontrollen vor Ehen mit AusländerInnen erhöhen und die Verlängerung von Aufenthaltsgenehmigungen vom Bedarf französischer Betriebe abhängig machen. Zusätzlich will er einen „Vertrag über Aufnahme und Integration“ einführen. Der Vertrag sieht Staatsbürgerkunde, Französischunterricht und eine „Evaluierung“ der beruflichen Kenntnisse von EinwanderInnen vor. Ob und wie das getestet wird, soll ein Dekret klären.

Mit dem Ceseda wird die Familienzusammenführung – der wichtigste Einwanderungsmechanismus – erstmals offiziell utilitaristischen Kriterien untergeordnet. Sarkozy hat erklärt, dass er eine Einwanderung anstrebt, die mehrheitlich „ökonomisch“ sei. Damit hat er schon im Vorfeld für Diskussionen und Proteste gesorgt. SprecherInnen der Linken, der Gewerkschaften und auch PolitikerInnen der Rechten kritisieren diese Unterordnung des Rechtes auf Familienleben unter den Bedarf der Wirtschaft als „menschenrechtswidrig“. Auch die Religionsgemeinschaften appellieren an den Innenminister, sein Gesetz zu überarbeiten, wegen der „Gefahr zusätzlicher fremdenfeindlicher Ausgrenzungen“. Selbst der Präsident des von Sarkozy gegründeten Muslimrates, Dalil Boubakeur, mahnt, das Gesetz würde die Rechtlosigkeit von EinwanderInnen verstärken und neue, zusätzliche papierlose Existenzen im Land schaffen. „Politik“, so Boubakeur, „ist nicht nur eine Frage der Mathematik.“

Patrick Weil, Einwanderungsexperte beim Forschungsrat CNRS, vermutet, dass Sarkozy mit dem Ceseda – der dritten Einschränkung des Einwanderungsrechtes seit dem Amtsantritt des Ministers – vor allem die Präsidentschaftswahlen im Mai 2007 im Auge hat. Wenn es Sarkozy darum ginge, verstärkt FacharbeiterInnen ins Land zu holen, verfügte er längst über das nötige gesetzliche Instrumentarium, meint Weil.

In der Öffentlichkeit sind Sarkozys Vorschläge dennoch populär. 47 Prozent der Bevölkerung halten sie laut einer am Wochenende veröffentlichten Umfrage für richtig. Gleichzeitig steigt die Popularität des rechtsextremen Jean-Marie Le Pen. Schon jetzt wollen 14 Prozent der WählerInnen für ihn stimmen. So gut war er ein Jahr vor den Wahlen noch nie platziert.

Bei der 1.-Mai-Demonstration der Rechtsextremen in Paris trugen gestern Le Pen AnhängerInnen einen Karton in der Form Frankreichs. Aufschrift: „Frankreich – entweder du liebst es. Oder du gehst“. Den Slogan hat Le Pen vor zwei Jahrzehnten kreiert. Heute benutzt ihn auch Sarkozy.