„Zu viele Fußballfilme“

Sönke Wortmann über die Ball-Schwemme im Kino und seine Bunte-Liga-Serie „Freunde für immer“ (Sat.1, 22.25 Uhr). Die hat ein holländisches Vorbild – aber: „Das meiste haben wir selbst erfunden“

Interview RENÉ MARTENS

Zwei Tage nach der TV-Premiere seines Blockbusters „Das Wunder von Bern“, der mit 18,9 Prozent Marktanteil knapp den ZDF-„Ferienarzt“ wegputzte, startet heute auf Sat.1 auch die erste Fernsehserie des früheren Regionalligakickers Sönke Wortmann. Auch hier geht es um die Balltreterei. „Freunde für immer – Das Leben“ ist, inspiriert von der holländischen Serie „All Stars“, allerdings im Freizeitfußballmilieu der Bunten Liga angesiedelt.

taz: Herr Wortmann, am Donnerstag ist der Fußball-Spielfim „FC Venus“ angelaufen. Schauen Sie sich den an?

Sönke Wortmann: Mir sind zu viele Fußballfilme unterwegs. Wenn ich ins Kino gehe, was ich selten genug schaffe, gucke ich mir bestimmt nichts an, was etwas mit meinem Thema zu tun hat.

Auffällig ist, dass in „FC Venus“ und „Freunde für immer“ derselbe Grundkonflikt komödiantisch inszeniert wird: Wir haben es beide Male mit einer Gurkentruppe vorgeblich immer noch nicht erwachsener Männer zu tun, denen die Fußball-Leidenschaft Probleme mit Ehefrauen oder Freundinnen beschert. Beide Projekte sind Adaptionen eines internationalen Vorbilds, es gibt prominente Gaststars und so weiter.

Wer ist denn bei „FC Venus“ der Gaststar?

Volker Ippig.

Wer ist denn das? Muss man den kennen?

Der war Bundesliga-Torhüter beim FC St. Pauli. Wahrscheinlich ist Robert Huth, der bei Ihnen auftritt, derzeit bekannter.

Ein bisschen was weiß ich aber über „FC Venus“. Ich sollte da ja schließlich auch mitspielen.

Und warum hat das nicht geklappt?

Ich habe mich nicht getraut. Ich bin ein schlechter Schauspieler.

Aber woran liegt es denn, dass zwei zur selben Zeit startende Film- bzw. TV-Projekte dieselbe Grundkonstellation haben? Und dann bei beiden auch noch Männer und Frauen auf eine Weise über Fußball streiten, wie man es zuletzt vor 15, 20 Jahren erlebt hat.

In einer Komödie muss man auch mal mit gewissen Klischees spielen. Und es gibt auch Folgen, in denen die Frauen eine weniger große Rolle spielen. Abgesehen davon war die Serie in Holland ein überragender Erfolg bei Frauen – also kann die Darstellung kaum realitätsfern sein.

Wie viel vom holländischen Vorbild „All Stars“ steckt nun in „Freunde für immer“?

Eine Folge ist fast eins zu eins übersetzt, aber die meisten Geschichten haben wir selbst erfunden.

Außerdem gibt es ja auch noch gewisse Parallelen zu Fußballformaten, die zuletzt bei uns gelaufen sind, etwa zur Kabel-1-Dokusoap „Helden der Kreisklasse“ …

Bitte? Damit wollen Sie meine Serie doch wohl nicht vergleichen !?

Beiden Serien ist jedenfalls gemeinsam – und das gilt auch für „FC Venus“ –, dass es um den „kleinen“ Fußball geht. Es ist doch bemerkenswert, dass hier der Fußball um die Ecke, der sonst aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwunden ist, im Mittelpunkt steht.

Das ist ja keine schlimme Entwicklung. Die in der Bunten Liga verbreitete Sichtweise, dass es nicht so sehr ums Gewinnen geht, sondern um den reinen Spaß am Spiel, ist doch interessant. Zum Beispiel das Ritual, den Anstoß grundsätzlich zum Gegner zu spielen – das gefällt mit gut.

Der Spielvereinigung Erkenschwick, für die Sie früher gespielt haben, droht der Abstieg in die Verbandsliga, der Sturz in die Bedeutungslosigkeit. Verfolgen Sie das?

Ja, im Regionalfußballmagazin Reviersport. Erkenschwick hatte früher 3.000 bis 4.000 Fans, heute sind es 300 bis 400. Das Konsumentenverhalten konzentriert sich auf den Spitzensport, und ich weiß gar nicht, ob ich das beklagen soll. Wenn ich mir aussuchen kann, ob ich mir im Fernsehen ein Champions-League-Spiel von Arsenal anschaue oder im Stadion Erkenschwick gegen Sportfreunde Lotte, dann entscheide ich mich natürlich für Arsenal. Früher hatte man diese Wahl nicht.

Fiktionale Fußball-Serien gab es hier zu Lande bisher kaum. Haben Sie vorher im Archiv gestöbert?

Dazu ist erst mal zu sagen, dass bei „Freunde für immer“ das eigentliche Spiel so unwichtig ist, dass man nicht mal die Ergebnisse erfährt; bei „Das Wunder von Bern“ stand ja auch eindeutig die Familiengeschichte im Vordergrund. Was die anderen Serien betrifft: Ich kann mich an „Manni, der Libero“ erinnern. Die ist 1991 gescheitert, weil der Hauptdarsteller nicht Fußball spielen konnte, obwohl man behauptet hat, er sei der kommende Star. Meine Jungs können es auch nicht. Müssen sie aber ja gar nicht, da ich nicht zu erzählen versuche, sie seien auch nur ansatzweise bundesligatauglich.

Mussten sich die Schauspieler denn wenigstens für Fußball interessieren?

Das war mir egal. Diejenigen, die keinen Bezug hatten, haben während der Arbeit einen gefunden. Einerseits weil sie selbst Fußball gespielt haben, andererseits weil wir – wegen der Nähe zum Drehort – ab und zu beim 1. FC Köln im Stadion waren. Dieser Faszination – 50.000 Zuschauer in einer tollen Arena – konnten sie sich dann doch nicht entziehen. Das finde ich immer wieder hoch interessant: dass es dann doch irgendwann jeden erwischt, der bereit ist, sich erwischen zu lassen.