Wettstreit der Kulturen

Streng bewacht werden in Charlottenburg die Europameisterschaften für jüdische Fußballteams ausgetragen. Für die Teilnehmer sind sie auch eine Möglichkeit, die verschiedenen Lebensweisen von Juden in Europa kennen zu lernen

Im Leben von Alexander Kaufmann wird der 30. April 2006 künftig einen denkwürdigen Einschnitt markieren. An diesem Tag nämlich bestritt er sein erstes Fußballländerspiel für Deutschland. Gegner waren ausgerechnet seine ehemaligen Landsleute, die Russen. Kaufmann wurde vor 25 Jahren in der damaligen Sowjetunion geboren.

Normalerweise kickt er in der Landesliga für den TuS Makkabi Berlin, dem einzigen jüdischen Verein der Stadt. Zu Länderspielehren kam Alexander Kaufmann bei der „European Maccabi-Football-Trophy“, einer Art Europameisterschaft jüdischer Auswahlmannschaften, die am Wochenende in Berlin ausgetragen wurde.

Nach dem 5:1-Sieg gegen die Russen äußerte sich Kaufmann zufrieden – und reichlich professionell – über sein Debüt: „Für einen Amateursportler ist es etwas Besonderes, für Deutschland spielen zu dürfen.“ Zudem biete sich hier die Möglichkeit eines interessanten Austauschs über die verschiedenen Lebensweisen der Juden in Europa. Neben deutschen und russischen Juden nahmen auch Teams aus Ungarn und England am Turnier teil.

Gerd van Dam, der Trainer der deutschen Auswahl, betrachtet das Turnier als einen weiteren Schritt in Richtung Normalität für das jüdische Leben in Deutschland. Die Veranstaltung auf dem Charlottenburger Sportgelände „Kühler Weg“ zeigte aber auch, wie viel noch zu dieser Normalität fehlt. Ein privater Sicherheitsdienst befragte stichprobenartig die Besucher nach den Motiven ihres Kommens. Auch das Landeskriminalamt war zur Sicherung der Veranstaltung eingeschaltet worden.

Auf Öffentlichkeitsarbeit hatte der das Turnier organisierende TuS Makkabi Berlin weitgehend verzichtet. Der Vereinsvorsitzende, Tuvia Schlesinger, erklärte, man könne in dieser Angelegenheit leider nicht unbekümmert handeln, obwohl man sich natürlich einen größeren Publikumszuspruch gewünscht hätte. So kamen nur die engsten Verwandten und Vereinsbekannten: etwa 60 Zuschauer pro Tag.

Die Prominenz hatte sich mit der Präsenz im Programmheft des Turniers begnügt. In einem Grußwort unterstützte darin der geschäftsführende DFB-Präsident, Theo Zwanziger, das Anliegen von TuS Makkabi, sein neu bezogenes Vereinsgelände nach dem jüdischen Nationalspieler Julius Hirsch umzubenennen.

Dieses Ansinnen war zuletzt – neben der Planung der „European Maccabi Football Trophy“ – das beherrschende Thema im Verein. Die Idee der Namensänderung kam den Makkabi-Verantwortlichen bei der Organisation des Turniers, das sie auf Anregung von Gideon Joffe, dem Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde zu Berlin, als Gedenkveranstaltung für Julius Hirsch ausrichteten. Hirsch wurde im Jahr 1943 in Auschwitz ermordet.

Der TuS Makkabi, der 1898 unter dem Namen „Bar Kochba“ gegründet wurde und sich 1970 neu konstituierte, hat mit der Sportanlage im Eichkamp nach 35-jährigem Bemühen erstmals eine sportliche Heimstätte gefunden. Eine Umbenennung des Geländes lehnen die benachbarten Traditionsvereine der Anlage, der SC Charlottenburg und Tennis Borussia Berlin, jedoch ab. Sie begründen das damit, dass der in Karlsruhe und Fürth aktive Julius Hirsch mit Berlin nichts zu tun habe. Alles soll so bleiben, wie es ist, lautet der Standpunkt des SCC.

Tennis Borussia dagegen will nun stattdessen seine Sportstätte nach dem verstorbenen jüdischen Vereinsmitglied Hans Rosenthal benennen. Der Fernseh-Quizmaster wurde 1925 in Berlin geboren und ist 1987 auch hier gestorben. Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) von Charlottenburg-Wilmersdorf wird bald eine Entscheidung treffen müssen. Johannes Kopp