Hürden höher

VON SABINE AM ORDE

Im Streit um eine bundeseinheitliche Regelung der Einbürgerung deutet sich ein Kompromiss zwischen den Union- und den SPD-regierten Ländern an. Demnach sind umfassende Gesinnungs- oder Wissenstests, wie sie derzeit in Baden-Württemberg und Hessen durchgeführt werden, als bundesweit einheitliche Regelung vom Tisch. Es soll künftig aber einheitliche Sprachprüfungen sowie verpflichtende Einbürgerungskurse in allen Bundesländern geben. Das bestätigte gestern ein Sprecher des bayerischen Innenministers Günther Beckstein (CSU), der derzeit auch Vorsitzender der Innenministerkonferenz (IMK) ist. „Dies ist der Stand der Dinge nach Vorsondierungen, die über das Wochenende stattgefunden haben“, sagte Becksteins Sprecher. Danach werden die Hürden für die Einbürgerungen erhöht, doch mit ihrer zentralen Forderung nach bundesweit einheitlichen Tests konnte sich die Union nicht durchsetzen.

Besonders die SPD-Innenminister aus Berlin und Schleswig-Holstein, Ehrhart Körting und Ralf Stegner, hatten sich vehement gegen solche Tests gewandt. Die IMK trifft sich am Donnerstag und Freitag in Garmisch-Partenkirchen. Dort sollen endgültige Beschlüsse gefasst werden. Die Zahl der Einbürgerungen ist seit Jahren rückläufig. 2004 bekamen nur noch 127.150 Einwanderer einen deutschen Pass, fast ein Drittel weniger als noch im Jahr 2000.

Nach Angaben aus dem bayerischen Innenministerium sollen die Einbürgerungswilligen künftig in einem Sprachtest nachweisen, dass sie sich im Alltag ausreichend in Wort und Schrift verständigen können. Ausnahmen solle es nur für sehr alte Menschen geben.

Die Inhalte der Einbürgerungskurse sollen von Volkshochschulen und der Bundeszentrale für politische Bildung erarbeitet werden, die Kurse dann in allen Bundesländern verpflichtend sein. Jedes Land kann aber frei entscheiden, ob und was für ein Test sich an den Kurs anschließen soll. Die Anforderungen an Kenntnisse in Geschichte und Allgemeinwissen sollen dabei nicht zu hoch geschraubt werden. „Wir wollen nicht, dass sich nur noch Akademiker einbürgern lassen können“, sagte Beckstein der Süddeutschen Zeitung. „Auch der Arbeiter, der 20 Jahre lang bei AEG brav am Band gestanden hat, muss eine faire Chance erhalten, Deutscher zu werden.“

Verschärft werden soll auch die Vorstrafengrenze für Einbürgerungswillige. Künftig darf nach dem derzeitigen Diskussionsstand nur noch Deutscher werden, wer nicht zu mehr als 90 Tagessätzen Geldstrafe verurteilt worden ist. Bislang liegt die Grenze bei 180 Tagessätzen. Die bereits übliche Regelanfrage beim Verfassungsschutz soll bundesweiter Standard werden. Nicht durchsetzen konnte sich die Union mit ihrer Forderung, dass jeder Einbürgerungswillige einen Eid auf die Verfassung schwören soll.

Auch Berlins Innensenator Körting, der Sprecher der SPD-regierten Länder innerhalb der IMK ist, sprach gestern von „Chancen auf eine Einigung in Garmisch-Partenkirchen“. Viele der jetzt von Beckstein genannten Maßnahmen würden bereits von den Ländern praktiziert. Ausdrücklich begrüßte Körting, dass Beckstein Einbürgerungskurse als gangbaren Kompromiss bezeichnet hat. Noch zurückhaltender äußerte sich der schleswig-holsteinische Innenminister Stegner: „Bereits jetzt von einer Einigung zu sprechen, ist verfrüht“, sagte sein Sprecher. Eine Entscheidung werde frühestens am Freitag fallen. Stegner aber werde keine verschärften Einbürgerungsregeln akzeptieren, wenn die IMK nicht gleichzeitig Beschlüsse zu einer verbesserten Integration von Migranten fasse.

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