Schaufeln zur Freude der Eltern

Im Kongo gehen manche Schüler lieber ins Bergwerk als in den Unterricht. Die meisten Kinder in Afrika erreichen den Grundschulabschluss nicht – also müssen sie arbeiten

BERLIN taz ■ Grundschulrektor Buregeya Hakizimana ist ratlos. „Die Schüler verdienen lieber Geld, als zu lernen“, klagt er. Seine Schule Mishavu in den Masisi-Bergen im Osten der Demokratischen Republik Kongo liegt direkt an einer Grube, wo Schürfer mit Schaufeln und Hacken nach dem von der Mobilfunkindustrie nachgefragten Erz Coltan suchen. Von 291 Schülern zahlen gerade 30 die Schulgebühren, umgerechnet vier Euro pro Trimester. „Diejenigen, die wir rausschmeißen, weil sie nicht zahlen, gehen ins Dorf, holen ihre Schaufel und gehen in die Mine. Sie freuen sich sogar. Und die Eltern in der Mine nutzen ihre Kinder lieber als Arbeitskraft, als sie zur Schule zu schicken.“

Kinderarbeit in Bergwerken ist, wie dieses Beispiel aus einem Bericht des kongolesischen Pole Institute zeigt, im Kongo weit verbreitet. Das Durchschnittseinkommen liegt knapp über einem US-Dollar pro Woche. Waghalsige Kinder verdienen im Bergwerk in wenigen Monaten mehr Geld als ihre Eltern im ganzen Leben. Die Schulen hingegen können nicht auf Schulgebühren verzichten, denn die Lehrer leben davon – Kongos Staat bezahlt schon seit fünfzehn Jahren keine Lehrergehälter mehr.

In Afrikas Dörfern ist die Beschäftigung von Kindern vielerorts normal, vor allem zum Wasser- und Feuerholzholen – warum auch nicht, wenn Schulen weit entfernt sind, in europäischen Sprachen unnütze Dinge lehren und den Familien nur Arbeitskräfte wegnehmen?

Der Zusammenhang zwischen Bildungsmangel und Kinderbeschäftigung ist, so die ILO, das größte Problem beim Kampf gegen Kinderarbeit in Afrika. Weniger als ein Drittel von Afrikas Kindern erreicht einen Grundschulabschluss. „Bildungsstrategien, die sicherstellen, dass alle Kinder Zugang zu einer unentgeltlichen und obligatorischen Grundschulbildung von guter Qualität haben und diese auch abschließen“, seien unverzichtbar.

Die Kinder von Mishavu dürften das nicht erleben. Die Mineralienökonomie des Kongo hat sie im Griff. „Manche Schüler haben sich bei Zwischenhändlern verschuldet, und jetzt, wo die Coltanpreise gefallen sind, können sie nicht zurückzahlen“, erzählt Rektor Hakizimana. „Sie sind auf der Flucht, und ihre Eltern sind im Gefängnis, solange sie ihre Böden nicht verkauft haben.“ DOMINIC JOHNSON