gleichberechtigung
: Berlin tut Frauen wirklich gut

Was waschechte Berlinerinnen schon lange wissen: Die Stadt tut ihnen gut. Dass das in Wirklichkeit heißt, dass ihnen Berlin nur ein wenig besser tut, als jeder sonstige Flecken Deutschlands, ist eine andere Sache. Das Laissez-faire, das zur Stadt gehört wie die Schnauze mit Herz, ermöglicht ihnen eine größere persönliche Unabhängigkeit und Freiheit. Aufgebrochene Rollenbilder stehen hier in der gesellschaftlichen Wahrnehmung gleichberechtigt neben standardisierten. Man lässt sich leben – das hat Tradition.

KOMMENTAR VON WALTRAUD SCHWAB

In Berlin durften Frauen schon immer etwas fortschrittlicher sein. Die preußischen Prinzessinnen haben es vorgemacht, die Frauenrechtlerinnen im vorletzten und letzten Jahrhundert haben es weitergedacht.

Seither manifestiert sich in Berlin so etwas wie eine moralische Disposition, die Forderung nach mehr Rechten und Möglichkeiten für Frauen zwar ungern hören zu wollen, aber eben nicht ganz überhören zu können. Nur deshalb gibt es hier mehr Frauen mit höherem Bildungsniveau, deshalb sind sie stärker berufsorientiert und häufiger erwerbstätig als anderswo, deshalb gibt es bessere Kinderbetreuung.

Dass sie statistisch gesehen ärmer sind als Frauen sonst wo in Deutschland, wird von ihnen in Kauf genommen. Wie sonst ließe sich verstehen, dass Berlinerinnen trotzdem eine größere Lebenszufriedenheit zeigen als Frauen im Rest der Republik?

Die Erfahrungen in Berlin zeigen, dass Frauen Erwerbsarbeit und Kinderwunsch verbunden sehen wollen. Jede Politik, die dies nicht berücksichtigt, handelt gegen ihre Interessen.

Wenn sich der Frauensenator brüstet, dass seine Politik die Gleichstellung vorangebracht habe, täuscht er sich: Es ist in Berlin einfach schwerer als anderswo, die Forderung nach Chancengleichheit zu ignorieren.